Projektbereiche

Projektbereich A


PVD-Beschichtung metallischer Komponenten für die Kunststoffverarbeitung


A1: High Power Puls Magnetron Sputtering (HPPMS) - Schichtsynthese und Prozessverständnis

Tobias Brögelmann und Kirsten Bobzin

Das übergeordnete Ziel in A1 besteht in der wissensbasierten Auslegung industrierelevanter Beschichtungsprozesse auf komplexen Bauteilen für ein konkretes Beanspruchungskollektiv. Damit soll das bisher empirische Vorgehen bei der Prozessentwicklung und Schichtauswahl überwunden werden. Die Methodik wird am Anwendungsfall der Kunststoffextrusion demonstriert. Die in A1 in gepulsten Hochleistungsplasmen synthetisierten Schichten schützen die Stahlkomponenten aus 1.2083 der Extrusionsanlage vor Verschleiß und Korrosion [A1-1][A1-2][A1-5]. Bei der Prozessauslegung fließen die Erkenntnisse aus dem Plasma-Oberflächenmodell, dem mechanischen Modell und dem Interaktionsmodell in A1 zusammen. Zusätzlich ist A1 das zentrale Projekt im Interaktionsmodell. Die Validierung und Durchgängigkeit der Methodik wird in der 3. Phase abgeschlossen und um eine neue Anwendung zum Beschichten von Kunststoffen mit dekorativen Schichten ergänzt.

Als Ergebnis der 1. und 2. Phase wurde in A1 für Cr-Al-O-N eine mehrlagige Schichtarchitektur entwickelt. Jeder Einzellage werden hierbei bestimmte Funktionen zugeordnet, um die teilweise gegensätzlichen Anforderungen in der Kunststoffextrusion zu erfüllen. Das Schichtkonzept ist so gestaltet, dass es innerhalb eines einzigen Beschichtungsprozesses durch Variation der Parameter generiert wird. Es besteht aus einem duktilen, metallischen CrAl-Haftvermittler zum Stahl [A1-2], einem hochfesten und zähen CrN/AlN-Nanolaminat und einer dünnen CrAlON-Decklage [A1-9]. Das nanostrukturierte CrN/AlN weist eine erhöhte Bruchzähigkeit auf und schützt vor abrasivem Verschleiß [A1-6]. Dies wurde in enger Vernetzung mit A4 und C2 im mechanischen Modell erforscht und sowohl theoretisch als auch experimentell beschrieben. Dabei wurden von A4 geeignete Dicken der Nanolagen im CrN/AlN-Nanolaminat identifiziert. Die oxinitridische CrAlON-Decklage verringert die Anhaftung von Kunststoffschmelze aus Polycarbonat (PC) und dient dem adhäsivem Verschleißschutz [A1-1][A1-2][A1-4]. Dies wird im Interaktionsmodell grundlegend in Kooperation mit A2 und durch Entwicklung neuer Modelltests (HT-KW, Schertest) erforscht. Der Fokus in der Kooperation mit A2 liegt hierbei auf der chemischen Zusammensetzung und der Oxidstruktur der Reaktionsschicht, die sich an Atmosphäre spontan auf der Hartstoffschicht bildet [A1-1][A1-3]. Dabei wird insbesondere die Kinetik der Oxidation erforscht, die im Einsatz bei der Kunststoffextrusion auftritt und in Wärmebehandlungen simuliert wird [A1-1]. Durch Kooperation mit C6 und A5 im Plasma-Oberflächenmodell wurden die spezifischen Vorteile von dcMS und HPPMS durch die Entwicklung eines hybriden dcMS/HPPMS-Prozesses vereint [A1-3][A1-10]. Dabei wurden wesentliche Ursache-Wirkung-Zusammenhänge zwischen den Plasmaeigenschaften und den Schichteigenschaften gefunden und in die Prozesse integriert. Durch den in A1 neu entwickelten Temperatursensor ist es jetzt auch möglich, die Temperatur an der Substratoberfläche TS während der einzelnen Phasen im Beschichtungsprozess online zu erfassen.

Die geplante Forschungsarbeit von A1 in der 3. Phase lässt sich in drei übergeordnete Themen gliedern. Das erste Thema umfasst den Transfer der Methodik zur Prozessentwicklung für das mehrlagige Cr-Al-O-N-Schichtkonzept auf die Systeme Ti-Al-O-N und V-Al-O-N. Dabei wird validiert, inwiefern bei dieser Übertragung eine Prognose der Schichtchemie, der Morphologie und der Schichtdickenverteilung auf komplexeren Substratgeometrien durch den erarbeiteten wissensbasierten Ansatz möglich ist. Hierfür werden die Ergebnisse aus dem Plasma-Oberflächenmodell von C6, C1 und A5 genutzt. Als Zielgröße wird von A3 die optimale chemische Zusammensetzung der Schicht und von A2 die der Reaktionsschicht definiert. Nach Möglichkeit soll die richtige Oxidstruktur (A2) der Reaktionsschicht bereits im Abscheideprozess gezielt erzeugt werden. A1 stellt im Interaktionsmodell oxinitridische Beschichtungen für A2 und im mechanischen Modell mehrlagige Beschichtungen für A7(N) zur Analyse des Bruchverhaltens zur Verfügung. Nach erfolgreicher Validierung der Methodik erfolgt die Übertragung auf Niedertemperaturprozesse mit TS,max ≈ 100C zur Beschichtung von Kunststoffsubstraten (ABS, PP). Das zweite Thema umfasst die Steigerung der Haftung zwischen den Einzellagen des Multilayers und zum Substrat. Hierzu wird im Plasma-Oberflächenmodell von C6, C1 und C7 erstmals der Einfluss der Plasmareinigung in der Ätzphase des Beschichtungsprozesses erforscht. A1 legt darauf basierend die Plasmaätzprozesse nach Vorgabe von C6 für Stahl- und Kunststoffsubstrate aus und vervollständigt damit die Durchgängigkeit im Plasmaprozess. Für die Verbundhaftung ist eine möglichst hohe Substrattemperatur im Ätz- und Beschichtungsprozess entscheidend. Online-Messungen mit dem Temperatursensor zeigen, dass hier die Leistungen im Prozess noch erhöht werden können. Um die maximal zulässige Substrattemperatur der Stahlsubstrate von TS ≈ 550C erreichen zu können, soll eine Zusatzheizung für die Beschichtungsanlage CC800/9-HPPMS beschafft werden. In Kooperation mit C2 wird experimentell erforscht, inwiefern Druckeigenspannungen für eine verbesserte Haftung geeignet sind und wie diese gezielt durch die Prozessparameter, vor allem UBias und TS, eingestellt werden können. Im mechanischen Modell ermittelt A6 die theoretisch optimalen Einzellagendicken und Druckeigenspannungen, die A1 bei der Schichtherstellung umsetzt. Im dritten Thema werden die Arbeiten im Interaktionsmodell um die korrosiven Wechselwirkungen erweitert. Der Einfluss auf die Kunststoffdegradation sowie auf den Adhäsionsverschleiß wird gemeinsam mit A2 erforscht. Zusätzlich sollen die entwickelten neuen Methoden zur Bewertung der Interaktion zwischen PC-Schmelze und Cr-Al-O-N auf andere Kunststoffe und Schichten (TM-Al-O-N) übertragen und validiert werden. Somit wäre für die Kunststoffextrusion langfristig eine Prognose zur Schichtauswahl in Abhängigkeit der zu verarbeitenden Kunststoffe möglich, die dann wissensbasiert in Plasmaprozessen gezielt hergestellt werden können.

A2: Analyse der strukturellen, elektronischen und adhäsiven Eigenschaften der Oberflächen von HPPMS Verschleißschutzschichten für die Kunststoffformgebung

Guido Grundmeier

Das Teilprojekt A2 verfolgt in der 3. Phase das Ziel, die in den Phasen I und II entwickelten Modelle der Grenzflächeninteraktion und Grenzflächenschädigung zu verknüpfen, um so eine durchgängige Modellbildung der schichtstrukturabhängigen Belagsbildung zu erreichen. Die Validierung besteht in der gezielten Veränderung der HPPMS Beschichtungen durch nachgeschaltete Prozesse und der damit verknüpften Voraussage der Inhibition von polymerer Belagsbildung und Grenzflächenkorrosion durch gezielte Einstellung der chemischen und elektronischen Struktur der oberflächennahen Randzone. Die Variation des Wassergehalts der polymeren Schmelze sowie der Scherbedingungen soll zudem das technologisch relevante Parameterfeld erweitern. Der Transfer der Modelle erfolgt durch Berücksichtigung von polymeren Verarbeitungsprozessen, bei denen neben Adhäsionsverschleiß auch die elektrochemische Korrosion der Beschichtung eine wesentliche Rolle spielt, sowie der Betrachtung von Prozessen der Polymerisation in wässrigen Medien. Hierdurch soll untersucht werden, ob unter korrosiven Bedingungen bei Schädigungsprozessen der Beschichtung eine Selbstheilung bzw. Repassivierung der oberflächennahen Randzone für bestimmte Zusammensetzungen der Beschichtung möglich ist.

A3: Quantenmechanisch geführtes Design von Verschleißschutzschichten für die Kunststoffformgebung

Jochen M. Schneider und Denis Music

Auf Grundlage von kombinatorischen Syntheseexperimenten, Schichtcharakterisierungsdaten und Dichtefunktionaltheorie (DFT)-Berechnungen aus dem Plasma-Oberflächen-Modell (Punkt-Defektstruktur, chemischer Zusammensetzung, Dichte, Eigenspannungen) soll das Design von Schutzschichten für die Kunststoffformgebung hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften, Phasenstabilitäten und ihrer Interaktion mit der Kunststoffschmelze und insbesondere der standzeitrelevanten Degradation ermöglicht werden. Die Schutzschichten können sowohl auf schmelzeführenden Bauteilen als auch auf Formgebungswerkzeugen aufgebracht werden, wodurch sich jeweils unterschiedliche Anforderungen an die Schichteigenschaften ergeben, welche durch das breite Eigenschaftsspektrum der bisher untersuchten Materialsysteme (M1−x Alx)(OyN1−y)(M = Ti, V, Cr) abgedeckt werden können. Die Schutzschichten sollen sowohl das Werkzeug vor mechanischem Verschleiß schützen als auch die Haftung und Degradation des Polymers am Werkzeug reduzieren.

Die Anbindung der plasmabasierten Modelle an das Mechanische Modell und das Interaktions-Modell wird bisher primär über die chemische Zusammensetzung ermöglicht und soll in der dritten Förderphase durch die Punkt-Defektstruktur (xv), chemische Zusammensetzung (xn), Dichte (ρ) und Eigenspannung (σ) im neuen Plasma-Oberflächen-Modell komplettiert werden. Hierzu liefert Teilprojekt A3 die quantenmechanischen Berechnungen für die drei Modelle sowie die experimentelle Validierung der Ionenenergieabhängigkeit von xn, xv und ρ und die kalorimetrische Analyse des Degradationsverhaltens und steht somit in enger Zusammenarbeit mit den aufgeführten Teilprojekten A1, A2, A5, A6, A7(N), B4, C1, C2, C6, C8.

Um ein durchgängiges Design solcher Schutzschichten realisieren zu können, werden die in den bestehenden plasmabasierten und werkstoffbasierten Einzelmodellen identifizierten Größen xn, xv, ρ und σ modellübergreifend quantenmechanisch vorhergesagt und experimentell in A3 (xn, xv und ρ) und C2 (σ) validiert. Im Plasma-Oberflächen-Modell wird der Einfluss des hochenergetischen Ionen-Bombardements auf die o. g. vier Größen untersucht. Diese vier Größen beeinflussen den Elastizitätsmodul (Vorhersage und Validierung in A3) und damit auch die Bruchzähigkeit (Vorhersage in A3 und Validierung in A7) und fließen somit in das Mechanische Modell für die Vorhersage des Schädigungsverhaltens in A6 mit ein. Weiter fließen die o. g. vier Größen in das Interaktions-Modell ein. Hierfür wird in A3 der Einfluss dieser Größen auf die Oberflächenzusammensetzung (Sxn), Nahordnung (Paarverteilungsfunktion (PDF)) und auf die Degradationsenergetik (∆ED ) untersucht.

A4: Beschreibung des elastischen und plastischen Verhaltens nanostrukturierter Schichten

Kirsten Bobzin

Ziel des Teilprojektes A4 ist es, das mechanische Verhalten von Werkstoffverbunden, bestehend aus Stahlsubstrat (1.2083) und Beschichtung (TM-Al-O-N), bis zum Versagensbeginn zu erforschen und zu beschreiben. In der 1. Phase wurde in A4 ein Modell mittels der Finite-Elemente-Methode (FEM) und Daten aus der Nanoindentation aufgebaut, das zur Bestimmung der Fließkurven von Hartstoffschichten der Metallroute des SFB-TR 87 dient. Hinsichtlich des Einflusses der Beschichtungstechnologie (dcMS, HPPMS) und Schichtarchitektur wurde damit berechnet, welche signifikanten Festigkeitssteigerungen die von A1 entwickelten HPPMS-Nanolaminate CrN/AlN im Vergleich zu einlagigen CrN-,-AlN- und CrAlN-Schichten aufweisen [A4(E)-5]. Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass die Hartstoffschichten ein Überraschend hohes plastisches Verformungsverhalten aufweisen.

Die laufenden Forschungsarbeiten der 2. Phase gliedern sich in drei Themen, die primär dem mechanischen Modell (A1-A3-A4-A6-C2) zuzuordnen sind. Im ersten Thema werden Normallasten aufgebracht, um das elastisch-plastische Verformungsverhalten von Werkstoffverbunden qualitativ und quantitativ zu erforschen. Anhand der Kraft-Weg-Kurven aus der Nanoindentation werden wichtige Daten wie Universalhärte HU, Eindringmodul EIT sowie plastische Wpl und elastische Arbeit Wel ermittelt und die plastische Verformbarkeit bis hin zum Schädigungsbeginn quantifiziert. Hierfür wurden Beschichtungen aus Cr Al O N von A1 und C2 sowie V Al O N von A3 bereitgestellt [A4(E)-2][A4(E)-7]. Während geringere Lasten zur Analyse des Schichtverhaltens genutzt werden, liefern höhere Lasten auch neue Erkenntnisse zum mechanischen Verbundverhalten, bei dem der Einfluss des Substrates berücksichtigt wird. Hierbei zeigt sich beispielsweise ein positiver Einfluss hoher N-Gehalte in der Beschichtung und geringer Nanolagendicke im Nanolaminat auf die mechanischen Eigenschaften [A4(E)-7]. Das Verformungsverhalten der Beschichtung bei extremer plastischer Verformung des Substrates wird zusätzlich an Rockwelleindrücken erforscht und zeigt ein deutlich ausgeprägteres kohäsives Versagen der Oxinitride als der Nitride. Bei der Verknüpfung des mechanischen Modells mit dem Plasma-Oberflächenmodell dienten die Daten von A4 aus der Nanoindentation an Schichtsystemen aus Cr Al O N zur Korrelation mit den Plasmaeigenschaften in Kooperation mit C6 und A1 [A4(E)-4]. Zusätzlich leistete A4 einen Beitrag zur Entwicklung erweiterter Strukturzonenmodelle basierend auf der chemischen Zusammensetzung in Abhängigkeit der Plasmaeigenschaften in Kooperation mit C1 und C2, über die Analyse der mechanische Eigenschaften (HU, EIT) der Beschichtungen aus C2. Zudem werden die Ergebnisse von A4 aus der Analyse der mechanischen Schichteigenschaften zum Training künstlicher neuronaler Netzwerke (KNN) in C6 verwendet. Im zweiten Thema wird das Verformungs- und Bruchverhalten der Verbunde Beschichtung/Substrat von A1 und A3 experimentell auch unter dynamischer Belastung im Nano- und Mikroscratchtest erforscht [A4(E)-1][A4(E)-2][A4(E)-3][A4(E)-7][A4(E)-10]. Auch hier wird der Einfluss des Substratwerkstoffs durch Variation der Lasten ausgeschlossen oder bewusst berücksichtigt. Hierbei wurden erstmalig die bis zu diesem Zeitpunkt nicht hinreichend verstandenen Mechanismen der plastischen Verformung von Hartstoffschichten im System Cr-Al-N, sowohl bei einlagigen Beschichtungen als auch Nanolaminaten tiefgehend analysiert und beschrieben [A4(E)-1][A4(E)-3]. Detaillierte Analysen mittels hochauflösender Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) zeigten hierbei, dass die extreme plastische Verformung der Beschichtung nicht durch die klassischen Stufen- oder Schraubenversetzungen erklärt werden kann. Basierend auf den Ergebnissen wurde das Korngrenzgleiten als Hauptmechanismus der plastischen Verformung identifiziert. Diese Erkenntnisse wurden zusätzlich zur Erklärung der Simulationen in A4 und A6 eingesetzt [A4(E)-6]. Zudem wird das Verformungsverhalten von Werkstoffverbunden unter Berücksichtigung der prozessabhängigen Schichteigenspannungen (A1, C2) tiefergehend mittels Nanoscratch-Tests beschrieben. Im dritten Thema wird in enger Kooperation mit A6 die numerische Beschreibung des Schädigungsverhaltens erarbeitet. Hierfür wurde das FEM-Modell von A4 aus der 1. Phase unter Berücksichtigung des Schichtdickeneinflusses präzisiert. Als Eingangsdaten für das Kohäsivzonenmodell in A6 werden simulierte Fließkurven und spannungen sowie experimentell bestimmte Kenngrößen, Eindringmodul und Morphologie, von A4 bereitgestellt [A4(E)-6]. Darüber hinaus wurde das FEM-Modell um die Betrachtung von dynamischen Belastungen durch die Simulation von Nano- und Mikroscratchtests erweitert. Ferner erfolgte die Implementierung der Schichteigenspannungen (C2) sowie des Versagenskriteriums aus A6 in die FEM-Simulationen in A4. Zur Validierung der FEM-Simulationen von A4 und A6 erfolgt in A4 die qualitative Analysen des Schädigungsverhaltens sowie quantitative Untersuchung der Nanoscratche und Nanoindentation.

Damit trugen die Ergebnisse in A4 wesentlich zur Auslegung der Schichtarchitektur in A1 bei. Um gleichzeitig den abrasiven und adhäsiven Belastungen in der Kunststoffverarbeitung gerecht zu werden, basiert das in A1 entwickelte Schichtkonzept jetzt auf einem duktilen Haftvermittler CrAl, einem hochfesten und zähen Nanolaminat CrN/AlN und einer dünnen (Cr,Al)ON-Deckschicht zum Adhäsionsschutz. Damit wird das mechanische Modell mit dem Interaktionsmodell verknüpft. So wird in A4 ein Beitrag zur Realisierung des übergeordneten Ziels des SFB-TR 87 geleistet, das empirische Vorgehen zu überwinden und die grundlegenden Mechanismen auf dem Syntheseweg in Hochleistungsplasmen zu erforschen und zu beschreiben. A4 wurde begonnen, um das elastisch-plastische Verhalten von (oxi-)nitridischen Hartstoffschichten zu bewerten und die Verknüpfung mit den vielfältigen und variablen Plasmaparametern herstellen zu können. A6 ist zukünftig darauf angewiesen das entwickelte Kohäsivzonenmodell zu validieren. Zur dazu benötigten Quantifizierung der Bruchzähigkeit wird A7(N) in der dritten Förderphase neu eingerichtet und A4 beendet. Eine Fortsetzung der in A4 geleisteten Forschungsarbeit ist außerhalb des SFB-TR 87 vorgesehen. Dabei wird das elastisch-plastische Verformungsverhalten der Verbunde unter Berücksichtigung des Substrateinflusses und der prozessbedingten Eigenspannungen weiterverfolgt. Insbesondere wird die Kombination innovativer Analysemethoden, basierend auf Nanoindentation und Nanoscratch-Tests, in Verknüpfung mit mikroskopischen Methoden sowie die Schadensanalyse des Werkstoffverbundes mittels Mikroscratch fortgeführt. FEM-Modelle zur Fließkurvenberechnung und zur Spannungsanalyse unter Belastung werden erweitert. Darüber hinaus werden die Ursachen für das Korngrenzgleiten weiter erforscht und die Hypothesen zur Beeinflussung des Korngrenzgleitens und demzufolge der plastischen Schichtverformung weiterentwickelt.

A5: HPPMS Plasmen: Zeit- und ortsaufgelöste Charakterisierung vom Target zum Substrat

Achim von Keudell und Volker Schulz-von der Gathen

High Power Pulsed Magnetron Sputtering (HPPMS) Systeme zeichnen sich durch sehr hohe Leistungsdichten am Target und das natürliche Auftreten von hochenergetischen Ionen aus. Letztere werden für die mit HPPMS erreichbaren exzellenten Schichteigenschaften verantwortlich gemacht. Die Dynamik der Plasmaentwicklung wurde zeit- und ortsaufgelöst mit Langmuirsonden, Emissionsspektroskopie und Laserspektroskopie untersucht. Bei Stromdichten über 1 A/cm2 zeigt der mit bloßem Auge scheinbar homogene Plasmatorus Selbstorganisation und Symmetriebrüche. Man beobachtet Zonen mit intensiver Emission, die mit einigen km/s in E × B-Richtung rotieren. Diese Zonen werden in der Literatur mittlerweile als Spokes bezeichnet.

In der ersten Förderphase war das Projekt A5 an der Entdeckung der Spokes führend beteiligt [8]. In der zweiten Förderphase wurden die Spokes genau untersucht und Modelle entwickelt, um ihr Auftreten zu erklären. Es ist deutlich geworden, dass die Spokes von zentraler Bedeutung für die Entladung sind. Die Untersuchungen legen nahe, dass in Spokes das Plasmapotential erhöht ist. Dadurch entstehen azimuthale elektrische Felder, die den Plasmaeinschluß reduzieren. Das führt dazu, dass bei HPPMS Entladungen am Target anomaler Transport beobachtet werden kann, der deutlich über dem Bohm-Transport liegt.

Im Projekt C3 konnte gezeigt werden, dass durch das erhöhte Potential in den Spokes, hochenergetische Ionen erzeugt werden. Die Spokes haben also einen wichtigen Einfluss auf die Anzahl und Energie der Ionen, die das Substrat erreichen. Auf Grund der Dynamik der Spokes kann dieser Zusammenhang nur durch die Expertise der beiden Teilprojekte A5 und C3 in enger Zusammenarbeit untersucht werden, die deshalb zum neuen A5 verschmolzen werden und in der dritten Phase drei Themenfelder verfolgen:

1. Untersuchung der Spokes zur Validierung bestehender Modelle
2. Kontrolle der Spokes zur Optimierung von Teilchenfluss und -energie vom Target zum Substrat
3. Verknüpfung mit dem Plasmaoberflächenmodell

Da Spokes mit Geschwindigkeiten zwischen 5 und 15 km/s in azimuthaler Richtung rotieren, konnten in der ersten und zweiten Förderphase mit einigen der Diagnostiken nur gemittelte Größen gemessen werden. Zu diesen Diagnostiken zählen sowohl die Massenspektrometrie als auch aktive und passive optische Diagnostiken, die für die weitere Erforschung der Spokes unerlässlich sind. Deshalb soll in der dritten Phase ein spezielles Triggersystem eingesetzt werden, um diese Messungen auf das Auftreten von Spokes synchronisieren zu können.

Um den Einfluss der Spokes auf den Teilchentransport untersuchen zu können, wird dieser mittels orts- und zeitaufgelöster optischer Diagnostiken sowie Massenspektrometern vermessen. Ziel ist es, den Transport vom Target bis zum Substrat lückenlos messen und verstehen zu können. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen im Projekt Konzepte erarbeitet werden, wie in Industrieanlagen der Transport zum Substrat verbessert werden kann.

Durch die Verknüpfung von Messungen in Targetnähe, in der Transportregion und am Substrat wird das Plasma-Oberflächenmodell (PSM) validiert.

A6: Mehrskalige Modellierung des Schädigungs- und Bruchverhaltens nanostrukturierter Schichten

Stefanie Reese und Stephan Wulfinghoff

Die mit den neu entwickelten Methoden der Plasmatechnik im Sonderforschungsbereich entwickelten Schichten dürfen unter repräsentativer Beanspruchung weder Schädigung noch Versagen aufweisen. Um das Verhalten der Schichten prädiktiv beurteilen zu können, werden leistungsfähige Materialmodelle benötigt, die eine Vorhersage des Schädigungs- und Bruchverhaltens ermöglichen. Ein wesentliches Ziel des Teilprojektes A6 ist es, diesen Beitrag mittels Methoden der modernen Kontinuumsmechanik zu leisten. Es soll ein viskoplastisches anisotropes Schädigungs- und Versagensmodell für finite Deformationen entwickelt werden, das die experimentellen Beobachtungen anderer Teilprojekte möglichst gut wiedergibt. Dieses sogenannte makroskopische Modell wird durch eine Modellierung der Mikrostruktur unterfüttert, um zu einer verlässlicheren Vorhersage zu gelangen.

Dazu sind enge Kooperationen mit mehreren experimentell ausgerichteten Teilprojekten erforderlich. Eine entsprechende Kooperation wurde mit dem neuen Teilprojekt A7 bereits begonnen und soll in der dritten Förderphase fortgesetzt werden. Diese Arbeiten betreffen Biegeversuche an mikroskaligen Balken, die separierbare Daten zu Bruchzähigkeit und Kohäsivparametern liefern. Des Weiteren sollen in Kooperation mit den Teilprojekten A1 und A3 verschiedene Beschichtungssysteme analysiert werden, die bei Überlastung mikroskopische Rissnetzwerke bilden. Die beobachteten Rissdichten sollen von dem Modell realistisch nachgebildet werden.

Auf der höheren Skala, der Makroskala, steht die Weiterentwicklung eines anisotropen Schädigungsmodells im Vordergrund, das mittels einer geeigneten Gradientenerweiterung für eine physikalisch sinnvolle Beschreibung von Rissausbreitung gangbar gemacht werden soll. Die Gradientenerweiterung hat Auswirkungen auf die verwendete Finite-Elemente-Technologie, die entsprechend zu erweitern ist. Ein wichtiges Thema auf der Makroebene ist schließlich die Berechnung von Eigenspannungen und deren Einfluss auf das Schädigungsverhalten des Schichtsystems. Die Modellierungsergebnisse werden mit Daten aus Teilprojekt C2 abgeglichen.

A7(N): Mikromechanische Charakterisierung des Bruchverhaltens nanostrukturierter Schichten

Sandra Korte-Kerzel

Um Nitrid- und Oxinitridbeschichtungen für den langfristigen Einsatz maßzuschneidern, müssen zwei zentrale Forschungsbereiche adressiert werden: erstens werden direkte Messungen der Zusammenhänge zwischen Chemie und Mikrostruktur der Schichten mit deren mechanischen Eigenschaften benötigt. Zweitens muss eine enge Kopplung etabliert werden, welche die direkte Verbindung zwischen diesen physikalischen Messungen und den atomaren und mechanischen Modellen erlaubt, um so die zukünftige Prozess- und Materialentwicklung zielgerichtet und schnellstmöglich vorantreiben zu können.

In diesem Vorhaben sollen moderne mikromechanische Versuchsmethoden eingesetzt werden und mit systematischen Änderungen der Plasmabedingungen – zur Kontrolle der Defektdichte, chemischen Zusammensetzung und Kornstruktur – auf diese Weise die fundamentalen Verformungsmechanismen und deren Korrelation mit den mikrostrukturellen Elementen identifiziert und verstanden werden. Auf Basis der experimentellen Messungen werden darüber hinaus zentrale Parameter für die Modellierung der mechanischen Eigenschaften ermittelt und dadurch die Modelle anschließend durch Einsatz unterschiedlicher Versuchsgeometrien validiert. Es ergibt sich daraus mit der mikromechanischen Vermessung der Schichteigenschaften eine Vielzahl an Kollaborationen mit Projekten aller Projektbereiche sowohl in Simulation als auch Experiment. Der wissenschaftliche Schwerpunkt des Projekts liegt dabei im Sinne des Materialfokus auf den (Oxi)Nitridschichten.

T1: Einfluss der Target-Leistungsdichte auf die chemische Zusammensetzung von mittels Composite- /Compound-Targets synthetisierten Dünnschichten

Jochen Schneider

Ziel ist die Entwicklung eines fundamentalen Verständnisses des Einflusses der Target-Leistungsdichte von Composite-/Compound-Targets auf die chemische Zusammensetzung von magnetrongesputterten Dünnschichten. Aus der Literatur ist bekannt, dass die Abweichungen in der Zusammensetzung zwischen mittels Gleichstrommagnetronssputtern (DCMS) synthetisierten Schichten und den verwendeten Composite-/Compound-Targets für gewöhnlich >10% sind. Diese Abweichungen werden unter anderem von dem angelegten Substratbiaspotential, der Substrattemperatur, des Druck-Abstandsproduktes sowie der Massenunterschiede der einzelnen Targetbestandteile beeinflusst. Grund hierfür sind die Überlagerung von komplexen Prozessen beim Sputtern am Target, beim Transport der gesputterten Teilchen in der Gasphase sowie bei der Schichtbildung am Substrat. Kürzlich wurde demonstriert, dass eine Steigerung der Targetleistungsdichte um zwei Größenordnungen auch zu einer mehr als zweifach größeren Abweichung zwischen Target- und Schichtzusammensetzung führt. Daraus wird ersichtlich, dass neben den schon bekannten Einflussgrößen des Substratbiaspotentials, der Substrattemperatur und des Druck-Abstandproduktes auch die Target-Leistungsdichte die Schichtzusammensetzung signifikant beeinflusst. Die in industriellen Prozessen häufig verwendete Substratrotation stellt eine weitere Einflussgröße für die Schichtzusammensetzung dar.

Gemeinsam mit dem Anwendungspartner Plansee Composite Materials GmbH wird der Einfluss von Target-Leistungsdichte, Substrat-Bias, -temperatur und -rotation sowie unterschiedlichen Masseunterschieden der im Target vorkommenden Elemente auf die Schichtzusammensetzung systematisch für die MAX-Phasen Cr2AlC (MCr / MC = 4,3), Zr2AlC (MZr / = 7,6) und Hf2AlC (MHf / MC = 14,9) für Compound-Targets (einphasig) sowie für M-Al-C (M = Cr, Zr, Hf) Composite Targets (multiphasig) untersucht. So werden evtl. Unterschiede im Sputterverhalten von Compound- und Composite-Targets quantifiziert. Auf Grundlage dieser Ergebnisse können mithilfe der bei Plansee entwickelten und hergestellten Split-Targets mittels kombinatorischer Schichtsynthese die für die Synthese von stöchiometrischen M2 AlC (M = Cr, Zr, Hf)-Schichten benötigten beschichtungsparameterabhängigen Targetzusammensetzungen identifiziert werden. Des Weiteren wird ein grundlegendes Verständnis der physikalischen und chemischen Mechanismen am Target, beim Transport in der Gasphase sowie bei der Schichtbildung am Substrat in Abhängigkeit von verschiedenen Prozessparametern (Target-Leistungsdichte, Substratbiaspotential, Substrattemperatur, Rotation) etabliert. Somit kann die Targetzusammensetzung für gegebene Wachstumsbedingungen wissensbasiert eingestellt werden, um die stöchiometrische Abscheidung von M2AlC (M = Cr, Zr, Hf)-Dünnschichten zu ermöglichen. Aufbauend auf dem Plasma-Oberflächen-Modell des SFB-TR 87 wird in Zusammenarbeit mit TP A5 in diesem Transferprojekt ein tiefgreifendes Verständnis der Zusammenhänge von Wachstumsparametern und Schichtzusammensetzung generiert, welches dem Anwendungspartner erlauben soll, prozessabhängige (Leistungsdichte, Substratbiaspotential etc.) Targetzusammensetzungen im Markt anzubieten. Die Arbeitshypothese ist, dass nicht stöchiometrische Targetzusammensetzungen in der Abscheidung stöchiometrischer Schichten resultieren.



[A1-1] K. Bobzin, G. Grundmeier, T. Brögelmann, T. de los Arcos, M. Wiesing, N.C. Kruppe, A Contribution to Explain the Mechanisms of Adhesive Wear in the Plastics Processing by Example of Polycarbonate, Surf. Coat. Technol. (2016) DOI: https://doi.org/10.1016/j.surfcoat.2017.07.080
[A1-2] K. Bobzin, T. Brögelmann, G. Grundmeier, T. de los Arcos, M. Wiesing, N.C. Kruppe, (Cr,Al)N/(Cr,Al)ON Oxy-nitride Coatings deposited by Hybrid dcMS/HPPMS for Plastics Processing Applications, Surf. Coat. Technol. 308, 394 (2016)
[A1-3] K. Bobzin, T. Brögelmann, R.H. Brugnara, N.C. Kruppe, S. Chromy, Influence of HPPMS pulse parameters on the reactive gas N2 and on the properties of (Cr,Al)N coatings, Surf. Coat. Technol. 293, 28 (2016)
[A1-4] K. Bobzin, T. Brögelmann, R.H. Brugnara, Aluminum-rich HPPMS (C−x A)N coatings deposited with different target compositions and at various pulse lengths, Vacuum 122, Part A, 201 (2015)
[A1-5] N. Bagcivan, K. Bobzin, T. Brögelmann, C. Kalscheuer, Development of (Cr,Al)ON coatings using middle frequency magnetron sputtering and investigations on tribological behavior against polymers, Surf. Coat. Technol. 260, 347 (2014)
[A1-6] N. Bagcivan, K. Bobzin, A. Ludwig, D. Grochla, R.H. Brugnara, CrN/AlN Nanolaminate Coatings Deposited via High Power Pulsed and Middle Frequency Pulsed Magnetron Sputtering, Thin Solid Films 572, 153 (2014)
[A1-9] Ch. Hopmann, Ch. Höfs, K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Naderi, Drei Mikrometer Hightech – Einsatz von PVD-Beschichtungen zur Verbesserung des Extrusionsprozesses, Kunststoffe 07, 62 (2016)
[A1-10] K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Arghavani, M. Engels, Influence of HPPMS on Hybrid dcMS/HPPMS (Cr,Al)ON Processes, Oral Presentation at 15th International Conference on Plasma Surface Engineering, Garmisch-Partenkirchen, (2016). http://www.iot.rwth-aachen.de/fileadmin/vortraege/SFB-TR87/A1-PSE_2016-Vortrag.pdf
[A4(E)-1]K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Arghavani, J. Mayer, T.E. Weirich, Plastic deformation behavior of nanostructured CrN/AlN multilayer coatings deposited by hybrid dcMS/HPPMS, Surf. Coat. Technol. (2017) In Press (ICMCTF 2017), DOI: 10.1016/j.surfcoat.2017.06.092
[A4(E)-2]K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Arghavani, Investigations on Mechanical and Tribological Behavior of dcMS/HPPMS CrN and (Cr,Al)N Hard Coatings Using innovative Nanoscratch Technique, Adv. Eng. Mater. 19, 1600632 (2017)
[A4(E)-3]K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Arghavani, J. Mayer, T.E. Weirich, On the Plastic Deformation of Chromium-Based Nitride Hard Coatings Deposited by Hybrid dcMS/HPPMS: A Fundamental Study Using Nanoscratch Test, Surf. Coat. Technol. 308, 298 (2016) (ICMCTF 2016)
[A4(E)-4]K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Engels, Influence of dcMS and HPPMS in a dcMS/HPPMS hybrid process on plasma and coating properties, Thin Solid Films 620, 188 (2016) (ICMCTF 2016)
[A4(E)-5]K. Bobzin, T. Brögelmann, R.H. Brugnara, M. Arghavani, T-S Yang, Y-Y Chang, S-Y Chang, Investigation on plastic behavior of HPPMS CrN, AlN, CrN/AlN-multilayer coatings using finite element simulation and nanoindentation, Surf. Coat. Technol. 284, 310 (2015) (ICMCTF 2015)
[A4(E)-6]S. Rezaei, M. Arghavani, S. Wulffinghoff, N. C. Kruppe, T. Brögelmann, S. Reese, K. Bobzin, A novel approach for the prediction of deformation and fracture in hard coatings: comparison of numerical modeling and nanoindentation tests, Mechanics and Materials (2017), accepted
[A4(E)-7]K. Bobzin, T. Brögelmann, N.C. Kruppe, M. Arghavani, Verformungsverhalten nanostrukturierter HPPMS-Hartstoffschichten, Vak. Forsch. Prax. 28, 18 (2016) (V2015)
[A4(E)-10]K. Bobzin, T. Brögelmann, R.H. Brugnara, M. Arghavani, Vergleich zwischen innovativen Nanoscratchanalysen und industriell etablierten Methoden zur Bestimmung der Verbundhaftfestigkeit von dünnen Hartstoffbeschichtungen auf technischen Oberflächen, Oral Presentation at EFDS-Workshop Messung der Schichthaftung, June 24th, (2015), Dresden, Germany. http://www.iot.rwth-aachen.de/fileadmin/vortraege/SFB-TR87/A4-EFDS-Schichthaftung_2015-Vortrag.pdf
[8] J. Winter, A. Hecimovic, T. de los Arcos, M. Böke, V. Schulz-von der Gathen, J. Phys. D: Appl. Phys.


Projektbereich B


PECVD-Beschichtung von Kunststoffprodukten mit dehnbaren Barriereschichten


B1: Plasmagestützte Barrierebeschichtung von flexiblen Kunststoffen am Beispiel von Polyester und Polypropylen

Rainer Dahlmann und Christian Hopmann

Im Teilprojekt B1 werden nanostrukturierte Funktionsschichten zur Verbesserung der Gasbarriereeigenschaften (O2, H2O) auf Kunststoffen (Polyethylenterephthalat (PET), Polypropylen (PP)) abgeschieden. Ziel ist es, ein Grundlagenverständnis für Beschichtungsprozesse bei der großflächigen Beschichtung (300 × 300 mm2) von Kunststoffen in gepulsten Hochleistungsplasmen zu erarbeiten. Für die Behandlungs- und Beschichtungsversuche wird der in der ersten Projektphase entwickelte Prozessreaktor genutzt. In diesem kann das Plasma sowohl mit gepulsten Mikrowellen (MW) als auch durch kapazitive Kopplung (CCP) erzeugt werden. Durch die vollautomatische Anlagensteuerung auf Basis einer echtzeitfähigen, speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) können reproduzierbar sowohl mehrlagige Schichtsysteme als auch Gradientenschichten abgeschieden werden. Im Verfahren der chemischen Gasphasenabscheidung (Chemical Vapour Deposition, CVD) abgeschiedene Barriereschichten sind hochvernetzt und weisen eine geringe Dehnungstoleranz auf. In der ersten Projektphase wurden hauptsächlich dünne, einlagige Schichten auf Basis von Hexamethyldisiloxan (HMDSO) untersucht. Zudem wurden siliziumbasierte Nanolaminate abgeschieden, welche auch nach Aufbringen einer uniaxialen Dehnung von 4 % eine geringere Rissdichte und eine höhere Barrierewirkung als die alleinige Barriereschicht aufweisen. Es konnte gezeigt werden, dass die Vorbehandlung einen entscheidenden Einfluss auf die resultierende Barrierewirkung hat. An dieser Stelle konnten neue Erkenntnisse zum Einfluss der Topographie der Kunststoffoberfläche auf die Eigenschaften der Barriereschicht gewonnen werden [1]. So ist beim Aufbau von Nanolaminaten die Morphologie der Zwischenschichten zu berücksichtigen. Der Einfluss der Schichteigenschaften auf die resultierende Barrierewirkung konnte auch durch Betrachtung der Dehnungseigenschaften noch nicht abschließend geklärt werden.

Basierend auf diesen Ergebnissen wird in der zweiten Phase der Fokus auf die Barriereeigenschaften von Kunststoffen gelegt, welche mit Nanolaminaten beschichtet wurden. Als Substrat dient neben der bisher eingesetzten PET-Folie zudem PP-Folie. Die in B4 und B5 erarbeiteten Erkenntnisse zur Beschichtung von PP dienen dabei als Ausgangspunkt der Untersuchungen. Zudem werden dünne Acetylen-basierte Schichten untersucht, da sie eine gute Haftung auf PP aufweisen. Grundlegende Untersuchungen zum Aufwachsen der Barriereschichten auf den Substraten bzw. bei mehrlagigen Systemen auf einer vorherigen Beschichtung sollen einen Schwerpunkt der Tätigkeiten in der zweiten Projektphase darstellen. Neben der Entwicklung von Schichtsystemen zur großflächigen Beschichtung auf Basis kohlenwasserstoffbasierter bzw. siliziumorganischer Prekursoren werden im Projektbereich erarbeitete Schichtkonzepte zusammengeführt. Durch Anwendung der Prozesse bei großflächigen Beschichtungen können Skalierungseffekte beschrieben werden. Hierzu werden Beschichtung und Plasma Homogenitätsanalysen unterzogen. Es wird eine Simulation der Neutralgasströmung (O2, Ar, HMDSO) durchgeführt, als auch eine Simulation der eingesetzten Plasmen (MW-Plasma, CCP) angestrebt. Durch Korrelation von Plasma- und Schichteigenschaften wird der Einfluss der Reaktorgeometrie bei der Beschichtung großer Flächen untersucht. Basierend auf den Ergebnissen soll u. a. das Gasverteilersystem optimiert und im Rahmen von Homogenitätsuntersuchungen validiert werden.

In direkter Kooperation mit anderen Teilprojekten soll herausgestellt werden, ob die erarbeiteten Mechanismen bei der Schichtabscheidung ebenfalls für andere Anregungsarten gelten und welchen Einfluss der Einsatz unterschiedlicher Prekursoren hierbei hat.
Neben der Messung der Sauerstoffpermeationsrate (Oxygen Transmission Rate, OTR) ist zur Beschreibung der Permeationseigenschaften plasmapolymerer Schichten auch die Wasserdampfpermeationsrate (Water Vapour Transmission Rate, WVTR) zu bestimmen. Nicht zuletzt die unterschiedliche Polarität der beiden Permeanten bedingt abweichende Wechselwirkungen und Transportmechanismen durch die beschichteten Substrate. Dadurch sind bei temperaturabhängiger Messung der Transmissionsraten weitere grundlegende Rückschlüsse auf Permeationsmechanismen und das Schichtwachstum möglich.

Zur makroskopischen Analyse der Schichten unter Dehnung wird eine Mikrozugprüfeinheit eingesetzt, welche unter Zuhilfenahme eines Laser Scanning Mikroskops (LSM) verwendet wird. In der zweiten Förderperiode wird voraussichtlich B1 zusätzlich ein hochauflösendes Feldemissions-Rasterelektronenmikroskop (engl. "Field Emission Scanning Electron Microscope" – FE-SEM) zur mikroskopischen Analyse der Rissbildung zur Verfügung stehen. Durch Korrelation der adhäsiven Oberflächenphänomene mit den mikroskopisch und makroskopisch beobachteten Schädigungsbildern sollen Grenzflächeneigenschaften, wie bspw. das Abgleiten von Schichten im Verbund, beschrieben werden. In Zusammenarbeit mit A6 wird basierend auf diesen Ergebnissen ein Schädigungsmodell unter Berücksichtigung lokaler Defekte der nanostrukturierten Schichten erarbeitet. Zur Beschreibung des Systemverhaltens ist geplant, unter Einsatz des FE-SEM und der Mikrozugprüfeinheit ein Verfahren zu entwickeln, welches anhand von Querschnitten (cross-sectional FE-SEM) durch mehrlagige Schichtsysteme die mikroskopische Analyse der Fortpflanzung von Schichtdefekten ermöglicht. Neben dem zugrunde liegenden Substrat haben ebenfalls Eigenspannungen in den aufwachsenden Schichten einen entscheidenden Einfluss auf die Systemeigenschaften. Hierzu werden die sich einstellenden Spannungen beim Aufbau von Nanolaminaten und Gradientenschichten untersucht und mit den Plasmaparametern korreliert. Durch die systematische Beschreibung des Systemverhaltens beschichteter Substrate wird basierend auf der Charakterisierung der Plasmen sowie auftretender Skalierungseffekte das ganzheitliche Verständnis der Wirkzusammenhänge vertieft und so die wissensbasierte Entwicklung innovativer funktioneller Beschichtungen auf Kunststoffen vorangetrieben.

B2: Dehnungstolerante Barriereschichten auf Kunststoff en mittels Nanostrukurierung und Aktivierung

Marc Böke

Durch die gezielte Untersuchung der Mechanismen der Vorbehandlung von PET-Substraten konnte in der ersten Phase des TPs eine Verbesserung der Barrierewirkung allein durch die Vorbehandlung erzielt werden. Es wurden zudem a-Si:H/a-C:H-Multilayerschichten mit guter Barrierewirkung auf PET abgeschieden. Als einer der wesentlichen Einflüsse auf die Dehnungstoleranz dieser Schichten wurde der interne Stress im Schichtsystem identifiziert. Die Schichten weisen auf Metallen bzw. Si-Wafern eine Dehnungstoleranz bis zu einer Dehnung von 6-8 % auf. Auf PET ist diese Toleranz deutlich geringer. Vorarbeiten auf Si-Substraten haben gezeigt, dass kleine Partikel signifikant die Rissbildung und innere Spannung der Schicht beeinflussen können. Deswegen wird der Einfluss von Nanopartikeln (NP) auf die Schichteigenschaften bezüglich ihrer Barrierenwirkung, Haftung, innerer Spannung und Dehnungstoleranz studiert. Sowohl Kohlenstoff- als auch Silizium-NP können in der Gasphase mit einer exakten Kontrolle ihrer Größenverteilung in einem gepulsten Plasmaverfahren synthetisiert werden. Die Kompositschichten aus a-C:H, a-Si:H oder SiO2 mit integrierten NP (∼5 nm) werden getestet. Neben a-C:H Schichten und a-Si:H Schichten wird auch SiO2 abgeschieden, um direkte Vergleichbarkeit mit anderen TP in PB B zu gewährleisten. Dafür wird Hexamethyldisiloxan (HMDSO) als Prekursor verwendet. Gepulste CCP und ICP Beschichtungsverfahren ermöglichen die Rollen der NP-Größe, der NP- Dichte und der chemischen Zusammensetzung auf die Eigenschaften der Kompositschicht zu untersuchen. Insbesondere sollen kristalline Si-NP aus einer separaten Plasmaquelle in die Si- bzw. C-Matrizen der Schichten auf PET eingebunden werden.

Darüber hinaus werden in enger Kooperation mit C7 die Effekte der einzelnen Teilchen (Ionen, Metastabile und UV- Photonen) während der Abscheidung und auch in Zwischenaktivierungsschritten untersucht. In der ersten Phase wurde herausgefunden, dass die absoluten Flüsse an energiereichen Metastabilen auf Substrate vergleichbar mit den Ionenflüssen sind. Diese Metastabilen deponieren ihre potentielle Energie allerdings im Gegensatz zu Photonen und Ionen direkt im elektronischen System an der Oberfläche. Es soll – soweit möglich – eine Separation der Wirkmechanismen untersucht werden. Das Ziel dieser Untersuchungen ist es, die grundlegenden Zusammenhänge zwischen geometrischen/physikalischen (Partikelgröße, Partikeldichte, Schichtdicke...) und chemischen (Material der NP, Material der Matrix. . . ) Parametern der Schicht, Plasma und Schichteigenschaften bezüglich ihrer Barrierewirkung, Haftung, innerer Spannung und Dehnungstoleranz zu verstehen.
Die in Phase 1 gewonnenen Erkenntnisse bezüglich Schichthaftung und anderen Schichteigenschaften werden benutzt und auch an ausgewählten anderen Kunststoffen des PB B studiert.

Für die Plasmauntersuchungen werden Massenspektrometrie, OES und PAP verwendet (Kooperation mit A5 und C3). Die definierten Proben/Substrate werden von B1/B5 geliefert. Die Ergebnisse werden mit Untersuchungen zur Oberflächenenergie, Umformbarkeit und Rissbildung (B3) und Modellen des Schädigungsverhaltens (A6) korreliert. Insbesondere werden die nanostrukturierten Schichten auf ihre mechanischen und adhäsiven Eigenschaften mittels chemischer Kraftmikroskopie untersucht (B3). Mit B1 werden die resultierenden Schichtstrukturen hinsichtlich ihres Barriere- und Dehnungsverhaltens charakterisiert. Komplettiert wird die Charakterisierung durch XPS, SEM, TEM und AFM- Untersuchungen.

B3: Grundlegende Untersuchungen zu Haftungsmechanismen, Permeabilität und Dehnbarkeit von Nanostrukturierten Plasmabeschichtungen auf Polymeren Substraten

Guido Grundmeier

Das Teilprojekt B3 zielt auf das Verständnis der Haftungsmechanismen sowie der Permeabilität von Plasmabeschichtungen als Funktion ihrer Nanostrukturierung. Hierzu werden durch die Kooperationspartner (TP B1, B2, B4, B5) Gradientenschichten, Nanolaminate sowie Nanokomposit-Plasmapolymere abgeschieden, die in B3 hinsichtlich ihrer Defektstruktur, ihres Alterungs- sowie des Dehnungsverhaltens und der damit korrelierten Permeabilität für polare und unpolare Moleküle untersucht werden. Zudem wird der Einfluss der Voraktivierung des Polymers auf die Eigenschaften berücksichtigt. Die Mechanismen der Plasmaaktivierung insbesondere für Polypropylen und Polycarbonat werden in Kooperation mit C7 mittels der Kombination aus Ionenstrahlmodifikation, winkelaufgelöster XPS-Analytik sowie der damit gekoppelten UHV-AFM Kraftspektroskopie erarbeitet. Variiert werden sollen die polymere Substratstruktur sowie deren Dotierung mit Additiven. Letztere sollen hinsichtlich ihrer gezielten Segregation zur Oberfläche und der möglichen Plasmakonversion dieser Segregationslagen zu Ankerplätzen für die nachfolgenden Plasmabeschichtungen untersucht werden. Die chemische, morphologische und nanomechanische Untersuchung von nanostrukturierten Plasmabeschichtungen (Nanolaminate, partikelhaltige Schichten, PE-ALD) in ihrer Relevanz für Barrierewirkung und Dehnbarkeit werden mittels elektrochemischer und in situ spektroskopischer Methoden untersucht. Die Analyse des Schicht-Substratverbundes konzentriert sich auf AFM-basierte sowie elektrochemische in-situ Untersuchungen der Rissbildung unter Berücksichtigung lokaler Defekte, die für additivierte Kunststoffe charakteristisch sind und bildet damit die Brücke zum TP A6.

B4: Plasmadiagnostik zur Synthese von multilagen SiOx-Gradientenschichten mit gepulsten Mikrowellenplasmen und HF-Bias kombiniert mit plasmaunterstützter Atomlagenabscheidung als Barriereschicht auf Kunststoffen

Anjana Devi und Peter Awakowicz

In diesem Teilprojekt werden die grundlegenden Mechanismen der durch ein Mikrowellenplasma unterstützten Abscheidung (PE-CVD) von multilagen SiOx- und SiOxNx-Barriereschichten auf Kunststoffen mit variablem Substratbias (CCP) sowohl plasmatechnisch als auch materialanalytisch untersucht. In Ergänzung zur ersten Phase des SFB-TR 87 wird weiterhin die plasmaunterstützte Atomlagenabscheidung (PE-ALD) in der Gruppe Devi untersucht, die in diesem Teilprojekt kombiniert mit der plasmaunterstützten Gasphasenabscheidung (PE-CVD) der Gruppe Awakowicz betrieben wird. Ein Grund liegt darin, dass mittels PE-ALD gleichförmige, dichte und defektfreie dünne Schichten abgeschieden werden können, die z. B. die in der PE-CVD unvermeidlichen Mikro- und Nanoporen schließen könnten. Benötigte Prozessparameter für den ALD-Prozess werden an einem weiteren ALD-Reaktor der Gruppe Devi definiert. In diesem Zusammenhang werden relevante Si Precursoren untersucht und der Prozess für die Abscheidung von SiO2 Barriereschichten entwickelt. In ähnlicher Weise werden alternative Barriereschichten, wie z.B. Al2O3, auf Kunststoffen abgeschieden und die Schichteigenschaften mit den SiO2-Schichten verglichen. Der gesamte Projektbereich B wird durch die Kombination von PE-CVD und PE-ALD neue Impulse erhalten, da die PE-ALD nicht nur zur Deposition einer finalen Deckschicht im Sinne einer "Imprägnierung" eingesetzt werden soll, sondern auch, um z.B. die Substratvorbehandlung im Sinne einer "Konditionierung" neu zu gestalten. Weiterhin besteht auch die Möglichkeit, Multilagen-Kombinationen mit PE-CVD und PE-ALD abzuscheiden. Um PE-CVD und PE-ALD zu vereinigen, wird der bestehende mikrowellenangeregte PE-CVD-Aufbau (Awakowicz) basierend auf den am PE-ALD Reaktor (Devi) gewonnen Erkenntnissen erweitert und modifiziert.

Die bereits in der ersten Förderphase erarbeitete plasmatechnische Methodik wird nun auch auf die Plasmaaktivierung und Nachbehandlung des PE-ALD Prozesses angewandt. Weitergeführt werden die Untersuchungen zur Abscheidung von Barriereschichten auf PET ergänzt um den Kunststoff Polypropylen (PP), da sich dieser im Plasma deutlich anders verhält als PET und von großer industrieller Bedeutung ist. Außerdem werden die gewonnenen Erkenntnisse für die Barriereschichtabscheidung auf 3D-Substraten skaliert. Dabei ist es wichtig, dass die räumliche Variation der Deposition bei verschiedenen Prozessparamatern berücksichtigt wird, um diese für eine optimale Barrierebeschichtung des jeweilgen Teilbereichs auf dem 3D-Substrat gezielt anzuwenden.

B6: Multiskalensimulationen zur Aufklärung des Stofftransports durch Kunststoffe mit PECVD-Beschichtung

Christian Hopmann, Rainer Dahlmann und Thomas Kühne

In diesem Teilprojekt werden die Vorgänge und Mechanismen des Stofftransports durch PECVD-Beschichtungen tiefergehend untersucht. Der Bedarf für dieses Forschungsvorhaben erwächst aus den unterschiedlichen Hypothesen des Stofftransports aus dem Stand der Technik und den innerhalb des Projektbereichs B des SFB-TR 87 durchgeführten Untersuchungen.
Diese Hypothesen sind die in Teilprojekt B4 sowie in der gängigen Literatur beschriebene mikroporendominierte Sauerstoffpermeation, die Festkörperdiffusion als dominierender Transportvorgang für Sauerstoff und Wasserdampf (B1) sowie die Hypothese des Stofftransports durch die Vielzahl von Nanoporen (B3). Im Teilprojekt B6(N) soll daher eine Multiskalensimulationsmethode etabliert werden, um die Anteile des Stofftransports durch Kunststoffe mit PECVD-Schichten aufzuklären und insbesondere zu quanti zieren. Der Stofftransport setzt sich aus dem Transport durch Mikro- und Nanoporen sowie dem Transport durch den Kunststoff zusammen. Die Porenverteilungen verschiedener Materialkombinationen im Mikrometerbereich werden mit dem Sauerstoffätzverfahren und anschließender digitaler Bildverarbeitung bestimmt und mit Methoden zur Bestimmung des Gesamtvolumens der Poren aus B3 und B7(N)ergänzt. Zusammen mit der Kenntnis der Barriere- bzw. Trenneigenschaft des Gesamtsystem aus experimentellen Untersuchungen lassen sich somit Rückschlüsse über die Größenverteilung der Nanoporen und die Gewichtung der einzelnen Anteile machen. Für die Simulation wird das System zunächst in Barriereschicht und Kunststo separiert, um die Transportphanomene isoliert untersuchen zu können. Der Transport durch den Kunststoff wird mithilfe kontinuumsmechanischer Ansätze beschrieben, während der Transport durch die Barriereschicht abhängig vom Porendurchmesser, mithilfe semiklassischer Molekulardynamikmethoden, atomistisch modelliert wird. Schwerpunkte der Simulationen sind neben dem Verständnis des Zusammenhangs zwischen atomarer Struktur und Stofftransport, die Beeinflussung benachbarter Poren, Größen- und Materialabhängigkeit des Diffusionskoeffzienten sowie Untersuchungen zum erhöhten Stofftransport in nanoskopischen Poren.
Die komplementären Simulationsstufen werden abschließend zu einer Multiskalensimulation zusammengeführt und mithilfe der bestimmten Barriere- und Trenneigenschaften sowie der Kenntnis über die Porenverteilungen kalibriert. Die Untersuchungen dienen dem gesamten Projektbereich B hinsichtlich der Identifikation der relevanten Transportvorgänge und der Überprüfung des Potentials zur Steuerbarkeit und Vorhersage der Porosität.

B7: Gesteuerte Nanoporosität von Plasmamembranen

Matthias Wessling

Gaspermeationsmembranen werden in vielfältigen Anwendungen zur Trennung von Gasgemischen auf molekularer Ebene eingesetzt. Beispiele sind die Erdgasaufbereitung, Wasserstoffrückgewinnung, Luftzerlegung und die CO2-Abtrennung aus Rauchgasen. Bisher werden dünne Filme gummiartiger und glasartiger Polymere in Kompositmembranen eingesetzt. Seit einigen Jahren ist bekannt, dass mikroporöse Polymerschichten besondere Trenneigenschaften haben, wenn sie mit Gasgemischen in Kontakt kommen. Basierend auf der nanometergrossen Porosität treten spezielle Gas- Membranwechselwirkungen auf, die sowohl komplex und unverstanden sind als auch großes Anwendungspotential haben. Jedoch haben diese Polymere mit intrinsischer Mikroporosität die Eigenschaft, dass das innere freie Volumen sehr schnell kollabiert und damit die Schicht weniger permeabel wird. In diesem Teilprojekt untersuchen wir die Frage, ob solche Schichten mit maßgeschneiderter innerer Porosität und molekularer Topologie mittels Plasmaverfahren hergestellt werden können. Unsere Hypothese, dass eine solche anorganisch/organische Hybridschicht neuartiges Permeationsverhalten mit gleichzeitiger Stabilität aufweist, wird mittels in-situ Ellipsometrie und Permeationsanalytik quanti ziert. Ziel des Teilprojektes ist es, eine vollständige Synthese-Struktur-Eigenschaft Korrelation zu entwickeln. Diese wird auf der Basis neuronaler Netze entwickelt und in einer weiteren physikalisch unterbauten Version mit Hilfe grauer Modelle um grundlegende Stofftransportmodelle erweitert. Insbesondere berücksichtigt dieses den Stofftransport in Gasmischungen. Erste prozesstechnische Abschätzungen werden mittels eigener Prozesssimulationsprogramme ausgeführt und steuern den Syntheseprozess. 
 

Projektbereich C


Theoretische und experimentelle Beschreibung von Hochleistungsplasmen


C1: Multifrequenz Sputtering zur Abscheidung von keramischen Schichten

Julian Schulze und Peter Awakowicz

Im Teilprojekt C1 wird ein neuartiges Reaktorkonzept für reaktive Sputterprozesse in Form einer großflächigen kapazitiv gekoppelten Mehrfrequenzentladung (MFCCP) entwickelt, charakterisiert und optimiert. Das MFCCP wird mit drei Hochfrequenzen betrieben, 13,56 MHz + 27,12 MHz + 60 MHz, mit einzeln einstellbaren Leistungen und relativer Phase zwischen den Spannungssignalen der beiden niedrigsten Frequenzen. Durch Verwendung der höchsten Frequenz werden ein hoher Ionenfluss auf die Targetelektrode und somit eine hohe Zerstäubungs- bzw. Abscheiderate realisiert. Durch Einstellen der Phase zwischen den beiden niederfrequenten Spannungssignalen werden mittels des Elektrischen Asymmetrie Effekts der dc self-bias und damit die Ionenenergien am Substrat sowie am Target unabhängig vom Ionenfluss kontrolliert, um die Schichteigenschaften gezielt zu beeinflussen. Zentraler Forschungsgegenstand für Phase 3 sind (i) die Entwicklung eines detaillierten Verständnisses reaktiver Sputterprozesse im MFCCP vom Target bis zum Substrat inklusive Plasma-Oberflächen-Interaktion durch eine synergistische Kombination experimenteller Diagnostiken und Simulationen aus C4/C8, (ii) die Regelung reaktiver Sputterprozesse und (iii) die Entwicklung neuer Plasmadiagnostiken zur Messung von Oberflächenkoeffizienten (Sekundärelektronenemission, Sticking) in Kollaboration mit C7. Letzteres ist zwingend erforderlich, da sich die Oberflächenkoeffizienten als Funktion der Reaktivgasbeimischung durch Targetvergiftung im Prozess massiv beeinflussen lassen und prozessrelevante Plasmaparameter bestimmen. Außerdem sollen die in C1 eingesetzten Diagnostiken zur Charakterisierung anderer Plasmen in anderen Teilprojekten (A3, C2) eingesetzt werden. C1 ermöglicht durch seine grundlegenden Untersuchungen unter quantitativer Berücksichtigung aller beim reaktiven Sputterprozess wichtigen Einzelschritte und seine sehr gute Vernetzung mit anderen Teilprojekten einen wesentlichen Beitrag im Hinblick auf das finale Ziel des SFBs, das bisherige in der Industrie vorherrschende, empirische Vorgehen durch ein fundiertes Prozessverständnis zu ersetzen, um die Abscheidung von Schichten mit definierten Eigenschaften zu ermöglichen. Unter den bestehenden Modellen Interaktionsmodell“,Mechanisches Modell“ ordnet sich C1 in das Modell Plasma-Oberflächen-Wechselwirkung“ (PSM) ein. 

C2: Zusammenführung von mikrosystemtechnischen Sensoren, Plasmadiagnostik und kombinatorischen Methoden zur Entwicklung erweiterter Strukturzonendiagramme 

Alfred Ludwig


Methoden der kombinatorischen Materialforschung werden genutzt, um erweiterte Strukturzonendiagramme für TM- Al-O-N (TM = Cr, V, Ti) Schichtsysteme zu entwickeln, die Korrelationen zwischen Plasma- und Schichteigenschaften zeigen. Die gezielte Beeinflussung von Plasmaeigenschaften durch Prozessparameter (Druck, Leistungsdichte, Frequenz, Target-Substrat-Abstand) führt zu unterschiedlichen Wachstumsmodi der aufwachsenden Materialschicht. Unterschiedliche Wachstumsbedingungen und deren Einfluss auf die Schichteigenschaften werden für TM-Al-O-N untersucht und in materialspezifischen, um Schichteigenschaften erweiterten, Strukturzonendiagrammen zusammengefasst. Mikrosystemtechnisch strukturierte Substrate und Sensoren werden weiterentwickelt, hergestellt und für die Schicht- und Prozesscharakterisierung genutzt, sowohl innerhalb C2 als auch im gesamten SFB-TR 87. Temperatur- und Spannungssensoren werden zu einem multifunktionalen Messchip integriert. Innerhalb des Projekts werden Spannungssensoren für die Messungen im Rahmen der Entwicklung der erweiterten Strukturzonendiagramme verwendet. Dazu werden die notwendigen Messungen und Auswertungen, sowie die Beratung und Unterstützung der Kooperationspartner durchgeführt. Eine Beschichtungsdatenbank wird entwickelt und verwendet, um alle Probendaten von C2 und Kooperationspartnern nachhaltig zu sichern. Die umfangreichen Datensätze der kombinatorischen Materialbibliotheken werden anderen Teilprojekten zugänglich gemacht und sollen durch Datenanalyseverfahren zu übergeordneten Erkenntnissen und Zusammenhängen von Plasma- und Schichteigenschaften führen. 

C4: Kinetische Simulationen technischer Plasmen im Frequenzbereich von DC bis MW

Denis Eremin 

In der Dünnfilmdepostion hängen die Eigenschaften plasmagestützter Abscheideprozesse entscheidend von den Flüssen sowie den Energie- und Winkelverteilungen der auf das Substrat auftreffenden Teilchen ab. Bei geringen Drücken (<10 Pa) können diese nur kinetisch beschrieben werden, während bei höheren Drücken auch auf fluiddynamische Modelle zurückgegriffen werden kann. In der zweiten Phase des Teilprojektes wurde ein neues implizites energieerhaltendes numerisches Particle-in-Cell (PIC) Verfahren für kinetische Simulationen der MFCCP (vollkommen elektromagnetisch in 2D zylindrischer Geometrie) und HPPMS Plasmen (elektrostatisch, in 2D und 3D zylindrischen Geometrien) entwickelt. Die Funktionsfähigkeit dieser innovativen Methode zur Modellierung der genannten Plasmen wurde anhand realistischer Beispiele demonstriert. Die entsprechenden Simulationen haben gezeigt, dass das elektromagnetische Verhalten der Plasma-Serien-Resonance Modein CCP-Entladungen mit großen Elektroden und die Anregung von Plasmainstabilitäten in magnetisierten dcMS- und HPPMS-Entladungen mit dem neuen Verfahren korrekt reproduziert werden. Die Hypothese, dass ein wesentlicher Teil der Elektronenheizung in der Plasmavorschicht von Magnetron-Entladungen stattfindet, wurde auch bestätigt mit Hilfe von selbstkonsistenten PIC Simulationen durchgeführt mit dem neuen Code. Sowohl die bislang in der Literatur beschriebenen Schemata, als auch der in der ersten Phase des SFB-TR 87 entwickelte PIC Code sind nicht in der Lage, solche Plasmen in annehmbarer Berechnungszeit zu simulieren, was hauptsächlich an algorithmischen Beschränkungen verbunden mit numerischer künstlicher Heizung des Plasmas liegt. Das neue Verfahren umgeht nicht nur diese Beschränkungen, sondern ist darüber hinaus auch in der Lage, inhomogene Gitter zur Beschreibung der Felder zu verwenden, was äußerst nützlich in technischen Plasmen ist, da diese inhärent Mehrskalen-Systeme sind. Beispielsweise ist es notwendig, die dünne Plasmarandschicht durch das gewählte Gitter ausreichend aufzulösen, um die Elektronenheizung adäquat beschreiben zu können, während im Plasmabulk eine gröbere Skalierung ausreichend ist. Darüber hinaus setzt das neue PIC Verfahren adaptive Zeitschritte ein, wodurch die Berechnungszeit numerischer Ergebnisse für eine festgesetzte Genauigkeit minimiert und die Effizienz des Verfahrens deutlich gesteigert wird. Aufgrund vom höheren Neutralgasdruck müssen MW-Plasmen nicht kinetisch simuliert werden. Die in der zweiten Phase von C4 durchgeführten Simulationen der MW-Plasmen mit dem neuen energieerhaltenden PIC Code und dem ausschließlich fluiddynamischen HPEM Code haben geholfen, die Plasmaline-Entladungen besser zu verstehen. Unter anderem wurden die Modi, die sich in solchen Entladungen ausbreiten, identifiziert, und die Energieverteilungsfunktion der auf das Substrat auftreffenden Ionen wurde berechnet. Die Entwicklung des neuen impliziten PIC Verfahrens in der zweiten Phase des Teilprojektes hat die präzendenzlose Möglichkeit eröffnet, alle in Rahmen des SFB-TR 87 vorkommenden Plasmaarten zu simulieren. In der dritten Phase werden sowohl auf diesem Schema basierende und massiv auf Grafikkarten (GPUs) parallelisierte PIC Codes, als auch auf fluiddynamischen Modellen aufbauende Verfahren genutzt, um zum Grundverständnis der physikalischen Prozesse in den experimentellen Plasma-Anlagen beizutragen und darüber hinaus die jeweiligen Plasmaprozesse besser zu kontrollieren und verschiedene Parameter zu optimieren. 

C5: Elektronendynamik magnetisierter Hochleistungsplasmen, speziell HPPMS 

Ralf Peter Brinkmann


Viele plasmagestützte Schichtabscheideverfahren, darunter auch High Power Pulsed Magnetron Sputtering (HPPMS), verwenden magnetisierte Hochleistungsplasmen bei niedrigem Druck. In diesem Regime sind fluiddynamische Modelle nicht gültig und müssen durch kinetische Modelle ersetzt werden. Der Stand der Technik wird durch selbstkonsistente Particle-in-Cell/ Monte Carlo Simulationen repräsentiert. Der Aufwand solcher Simulationen skaliert jedoch quadratisch mit der Plasmadichte; im HPPMS-Regime können sie nur für einfache Modellsysteme eingesetzt werden. 
C5 will einen alternativen, auch für realitätsnahe HPPMS-Plasmen auswertbaren kinetischen Algorithmus begründen. Dabei steht die Elektronenkomponente im Vordergrund; Ionen und Neutralteilchen sind Gegenstand von Teilprojekt C8. In der abgelaufenen Periode wurden zunächst wichtige Grundlagen erarbeitet. Zum einen wurde ein kinetisches Modell der Elektronendynamik aufgestellt und an ein Ratengleichungssystem für die Ionen und Neutralteilchen gekoppelt. Mit diesem globalen Modell konnte die Elektronenenergieverteilung im aktiven Bereich eines Hochleistungsmagnetrons für realistische Parameterbereiche untersucht werden. Sie stellte sich als betont bimodal heraus, einem kleinen Anteil energetischer Elektronen steht eine dominante thermische Komponente gegenüber. 
Für diese thermische Komponente wurde eine kinetische Theorie aufgestellt und mittels umfangreicher störungstheoretischer Rechnungen auf ein formal zweidimensionales, numerisch leicht zugängliches Gleichungssystem abgebildet. Parallel dazu wurde die Interaktion magnetisierter Elektronen mit einer statischen Plasmarandschicht untersucht und daraus adäquate Randbedingungen gewonnen. In der kommenden Förderperiode soll noch ein Monte Carlo-Modell für die energetischen Elektronen realisiert werden. Eine Kopplung der beiden Elektronenmodelle an das von C8 erstellte Schwerteilchenmodell wird erstmals eine effiziente und realitätsnahe Simulation des HPPMS-Prozesses ermöglichen. Damit sollen zum einen fundamentale Phänomene magnetisierter Plasmaprozesse (wie etwa der Cross-Field Transport, die Moden der Elektronenheizung, und das spontane Auftreten der sog. Spokes) aus ersten Prinzipien studiert werden, und zum zweiten eine prädiktive Simulation von für Beschichtungsprozesse maßgeblichen industriellen Anlagen auf deren Größenskalen und Zeitskalen durchgeführt werden. 
C5 beschäftigt sich außerdem mit der Plasmarandschichtheorie und mit der modellbasierten Plasmadiagnostik. 

C6: Auswirkungen von Plasmaeigenschaften auf Beschichtungseigenschaften in gepulsten Hochleistungsplasmen

Kirsten Bobzin und Tobias Brögelmann 


Das übergeordnete Ziel in C6 ist die Analyse der Plasmaeigenschaften zur Beschreibung der Ursache-Wirkung- Zusammenhänge auf die Schichteigenschaften in einer großskaligen Beschichtungsanlage CC800/9-Modell. Die Anlage wurde im SFB-TR 87 beschafft und ist ein Abbild der Industrieanlage CC800/9-HPPMS in A1. Sie verfügt aber über die entscheidenden Zugänge für die Diagnostik sowie eine in der zweiten Phase beschaffte Sauerstoffregelung zur Stabilisierung oxidischer Prozesse. Der Fokus von C6 liegt im Plasma-Oberflächenmodell auf der substratseitigen Diagnostik. Das Plasma-Oberflächenmodell verknüpft damit die Arbeiten der Projektbereiche C und A. C6 wird von A5 und C1 mit zeit- und ortsaufgelöster Diagnostik unterstützt und kooperiert eng mit A1, das die Ergebnisse von C6 zur Konkretisierung der Prozessfenster. Die anspruchsvolle Modellierung des Teilchentransports wurde im C6 in der 1. Phase begonnen und ab der zweiten Phase im neuen C8 fortgeführt. C6 konzentriert sich in der zweiten Phase auf die experimentellen Arbeiten zur Korrelation von Plasma- und Schichteigenschaften im System Cr-Al-O-N. Dabei wurde auch mit dem Aufbau erster künstlicher neuronaler Netze (KNN) begonnen. Die Plasmadiagnostik wurde weiterentwickelt, um den Bedingungen in produktionsrelevanten Prozessen in der CC800/9- Modell gerecht zu werden. Die Korrelation zu den Schichteigenschaften in C6 verknüpft das Plasma-Oberflächenmodell mit dem mechanischen Modell mit Unterstützung von A4 und C2. Über die Schichtchemie besteht die Verknüpfung mit dem Interaktionsmodell (A1, A2).  Wesentliche Verbesserungen der A1-Prozesse konnten z.B. durch kürzere Pulszeiten ton und höhere Frequenzen erreicht und in C6 erklärt werden. Wichtige Erkenntnisse in C6 zur Wechselwirkung zwischen dcMS und HPPMS unterstützten die Auslegung der Hybridprozesse in A1. Durch die Analyse der Plasmarandschichten in Abhängigkeit der Prozessparameter können die Veränderungen der Schichteigenschaften auf komplexen Geometrien jetzt besser verstanden und beeinflusst werden. Neben dcMS-, HPPMS- und Hybrid-Prozessen werden CAE-Prozesse als Referenz untersucht. 
Die geplanten Arbeiten in C6 in der dritten Phase orientieren sich an der Gesamtzielsetzung Validierung, Durchgängigkeit und Transfer“ und gliedern sich in drei Themenschwerpunkte: Das erste Thema konzentriert sich auf die Validierung der Methodik zur Prozessanalyse in C6, indem die vorliegenden Ergebnisse aus dem System Cr- Al-O-N auf Ti-Al-O-N und V-Al-O-N übertragen werden. Somit soll gezeigt werden, dass die Prozessentwicklung in A1 für eine vorgegebene Chemie (A2, A3) und Schichtarchitektur mit optimalen Druckeigenspannungen (A6) durch die Analyse der Plasmaeigenschaften in C6 gemeinsam mit C1 und A5 deutlich verkürzt werden kann. Damit wäre gleichzeitig auch die Durchgängigkeit der SFB-Treppe bewiesen. A5 validiert zeitgleich gemeinsam mit C6 die entwickelte Spoke-Kontrolle in der CC800/9-Modell. Die ermittelten Plasmaeigenschaften für das System Ti-Al-O-N dienen C8 als Eingangsdaten zur MD-Simulation. Weiterhin wird durch C6 erstmals die für die Schichtentwicklung relevante Inkorporation von Stickstoff in die Beschichtung mit Unterstützung der Diagnostik von C7 und Expertise zum Schichtwachstum von A3 analysiert. Es gilt zu klären, welche Spezies des Stickstoffs bei welchen Prozessparametern wo genau entsteht. Bisher ist erkennbar, dass vor allem N+-Ionen zu einem erhöhten N-Gehalt in der Schicht und damit höherer Dichte und somit auch höheren Festigkeiten führt. Entsprechend des übergeordneten Ziels Transfer“ der dritten Phase steht auch die Übertragung sowie Validierung der entwickelten Diagnostikmethoden hin zu einer produktionstauglichen Prozessdiagnostik im Fokus. Diese erfordert die Verwendung der Diagnostiken bei höherer Biasspannung zur genaueren Ermittlung geeigneter Prozessparameter für eine homogenere Synthese auf komplexen Geometrien. In diesem Zusammenhang wird vor dem Hintergrund Industrie 4.0“ auch eine diagnostikbasierte Prozesssteuerung entwickelt, bei deren Umsetzung C6 von C1 mit elektrotechnischer Expertise sowie Diagnostik mittels Multipolsonde unterstützt wird. Als zweites Thema wird in C6 für A1 zur Vervollständigung der Durchgängigkeit erstmals auch die Reinigungswirkung des Plasmaätzens zur Haftungssteigerung diagnostisch untersucht. Für Stahlsubstrate wird die Qualität und Effektivität der Plasmareinigung, z.B. mittels HPPMS-Metallionenätzen, sowohl in der CC800/9-Modell mit Unterstützung von A5, als auch in einem Analogieversuch in C7 analysiert. Für Kunststoffsubstrate wird auch das Sauerstoffätzen (mit energetischen Ionen) betrachtet. Mit Unterstützung von C1 und A1 liegt der Forschungsschwerpunkt auf der Korrelation von Plasmakennwerten und der Substrattemperatur. Ziel ist eine bestmögliche Plasmareinigung nahe den maximal erlaubten Temperaturen (Tmax ≃ 100C für Kunststoffe, Tmax ≃ 500C für Werkzeugstahl) zu ermöglichen. Die Ergebnisse für Stahl- und Kunststoffsubstrate werden mit der durch A1 bzw. B1 ermittelten Haftfestigkeit zwischen Substrat und Beschichtung korreliert, um Empfehlungen für die Prozessführung in A1 und A3 zu geben. Im dritten Thema werden iterativ künstliche neuronale Netzwerke (KNN) aufgebaut und validiert. Der Zusammenhang Prozessparameter und Plasmaeigenschaften liefert Ergebnisse für das Plasma-Oberflächenmodell. Für Prozessparameter von A1 wird ein KNN anhand von Resultaten aus Plasmaanalysen von C6, C1 und A5 trainiert, das auch für die Verbesserung der diagnostikbasierten Prozesssteuerung verwendet wird. Es erfolgt ein Abgleich der vom KNN ausgegebenen Verknüpfungen mit den Simulationen von C8. Für den Zusammenhang Plasma- und Schichteigenschaften besteht eine Vernetzung mit dem mechanischen Modell. Das Training erfolgt anhand der Plasmaanalysen sowie korrelierender Schichteigenschaften wie Chemie (A1, A2, C6), Morphologie (A1, C6), EIT-Modul (A1, A3, C6), Dichte (C2), Eigenspannungen (C2), Bruchzähigkeit (A7) sowie Schichtdicke, -rauheit und Abscheiderate aus A1 und C6. Im Zusammenhang Schicht- und Systemeigenschaften werden experimentelle Eingangsdaten von A1 und A2 aus dem Interaktionsmodell zur Wechselwirkung zwischen Schicht und Kunststoffschmelze wie Korrosion und Adhäsion genutzt. Insgesamt leistet C6 mittels des iterativen Trainings von KNN einen zentralen Beitrag zum übergeordneten Ziel des SFB-TR 87, der Überwindung der empirischen Vorgehensweise bei der Schichtentwicklung mittels Hochleistungsplasmen. 

C7: Oberflächenprozesse bei der Wechselwirkung von Hochleistungsplasmen mit HPPMS-Targetoberflächen und Kunststoffen 

Achim von Keudell

In der ersten und zweiten Förderperiode wurde die Implantation von reaktiven Spezies sowie die ionen-induzierte Sekundärelektronenemission von Edelgasionen an Targets, wie sie in HPPMS-Plasmen verwendet werden, untersucht. Bei der Analyse der Targetprozesse mittels der in-vacuo XPS Anlage wurde in der zweiten Phase die Oberflächenzusammensetzung und die Oberflächenchemie von reinen Metalltargets sowie von Metalltargets mit Markern eines anderen Metalls (zum Beispiel Al-Marker in einem Cr Target) analysiert. Dabei konnten die Transportmechanismen von Metallen auf dem Target aufgeklärt werden. Weiterhin erlaubt die Methodik die Dynamik der Targetvergiftung bei der Reaktion mit Sauerstoff und Stickstoff lateral aufgelöst zu vermessen. 

Zudem wurde die Plasmavorbehandlung von polymeren Werkstoffen, wie sie vor deren Beschichtung mit einer Permeationsbarriere durchgeführt wird, untersucht. In der dritten Förderperiode umfasst C7 weiterhin zwei Teilaspekte: (1) in Teilchenstrahlexperimenten werden die Oberflächenprozesse von energetischen Metallionen untersucht, wie sie für HPPMS Prozesse am Target als auch am Substrat wichtig sind. Dies sind die Sekundärelektronenproduktion, das reaktive Zerstäuben auf dem Target sowie die Schichtbildung auf dem Substrat. Mittels des Teilchenstrahlexperimentes werden auch Elementarprozesse bei der Plasmavorbehandlung von Kunststoffen sowie die Wechselwirkung von Ionen und UV Photonen mit Barrieren und Membranen auf Kunststoffen evaluiert; (2) komplementär zu dem Teilchenstrahlexperiment, wurde in der zweiten Förderphase eine in-vacuo Kopplung einer XPS-Anlage und eines HPPMS-Plasmas aufgebaut, mit der der laterale Transport von Metallatomen auf HPPMS Targets untersucht wurde. Diese Experimente zur Quantifizierung der Oberflächenprozesse auf HPPMS Targets werden fortgeführt und liefern einen Benchmark für das Plasma-Oberflächenmodell. Des Weiteren wird die HPPMS-Kammer um einen Substrathalter ergänzt welcher die in-vacuo XPS-Analyse von Substraten nach einer Plasmavorbehandlung oder nach einer HPPMS Beschichtung ermöglicht.

C8: Schwerteilchenprozesse in Hochleistungsplasmen 

Jan Trieschmann und Thomas Mussenbrock

Es konnte gezeigt werden, dass der Schwerteilchentransport in Hochleistungsplasmen zur physikalischen Gasphasenabscheidung von kinetischer Natur ist und nicht durch fluiddynamische Modelle beschrieben werden kann. Dies gilt insbesondere für die im Fokus des Transregios stehenden HiPIMS-Entladungen. In der zweiten Förderperiode stand die konsistente Berechnung der ortsabhängigen Geschwindigkeitsverteilungsfunktionen und somit des Transports der am Zerstäubungs-/Beschichtungsprozess beteiligten Schwerteilchen sowie deren Energie- und Flussverteilungsfunktionen an den Oberflächen im Vordergrund. Basierend auf den entwickelten Methoden und Ergebnissen soll in der dritten Förderperiode das formulierte Plasma-Oberflächenmodell am Beispiel des Materialsystems Ti-Al-O-N implementiert und charakterisiert werden. Dabei werden zwei komplementäre Aspekte verfolgt: i) Das entwickelte kinetische Schwerteilchenmodell wird um diejenigen elektroneninduzierten chemischen Gasphasenprozesse erweitert, welche für reaktive Abscheideprozesse relevant sind. ii) Es wird ein molekulardynamisches Simulationsmodell entwickelt, das die berechneten Schwerteilchenverteilungsfunktionen als Eingabedaten nutzt, um konsistent die Wechselwirkung zwischen Plasma und Festkörper sowohl auf der Target- als auch auf der Substratseite zu untersuchen. Ziel ist es ferner, die molekulardynamisch vorhergesagten Oberflächenprozesse transient an das kinetische Schwerteilchenmodell der Gasphase zu koppeln. Die Berücksichtigung dieser Wechselwirkung realisiert eine konsistente Rückkopplung zwischen Oberfläche und Plasma, was schließlich eine Vorhersage zur Korrelation zwischen Oberflächenphänomenen (z.B. Oberflächendiffusion, Nukleation) und Plasmaeigenschaften (z.B. chemische Zusammensetzung, elektrische Potentialverteilung) ermöglicht. Aufbauend auf der bisherigen experimentellen Validierung des entwickelten Schwerteilchenmodells am Beispiel von MFCCP und dcMS werden die Simulationen auch weiterhin fortlaufend dem Stand der experimentellen Beobachtungen angepasst und zu deren Interpretation herangezogen.