Projektbereich C

Theoretische und experimentelle Beschreibung von Hochleistungsplasmen

C1: Multifrequenz Sputtering zur Abscheidung von keramischen Schichten

Julian Schulze und Peter Awakowicz

Im Teilprojekt C1 wird ein neuartiges Reaktorkonzept für reaktive Sputterprozesse in Form einer großflächigen kapazitiv gekoppelten Mehrfrequenzentladung (MFCCP) entwickelt, charakterisiert und optimiert. Das MFCCP wird mit drei Hochfrequenzen betrieben, 13,56 MHz + 27,12 MHz + 60 MHz, mit einzeln einstellbaren Leistungen und relativer Phase zwischen den Spannungssignalen der beiden niedrigsten Frequenzen. Durch Verwendung der höchsten Frequenz werden ein hoher Ionenfluss auf die Targetelektrode und somit eine hohe Zerstäubungs- bzw. Abscheiderate realisiert. Durch Einstellen der Phase zwischen den beiden niederfrequenten Spannungssignalen werden mittels des Elektrischen Asymmetrie Effekts der dc self-bias und damit die Ionenenergien am Substrat sowie am Target unabhängig vom Ionenfluss kontrolliert, um die Schichteigenschaften gezielt zu beeinflussen. Zentraler Forschungsgegenstand für Phase 3 sind (i) die Entwicklung eines detaillierten Verständnisses reaktiver Sputterprozesse im MFCCP vom Target bis zum Substrat inklusive Plasma-Oberflächen-Interaktion durch eine synergistische Kombination experimenteller Diagnostiken und Simulationen aus C4/C8, (ii) die Regelung reaktiver Sputterprozesse und (iii) die Entwicklung neuer Plasmadiagnostiken zur Messung von Oberflächenkoeffizienten (Sekundärelektronenemission, Sticking) in Kollaboration mit C7. Letzteres ist zwingend erforderlich, da sich die Oberflächenkoeffizienten als Funktion der Reaktivgasbeimischung durch Targetvergiftung im Prozess massiv beeinflussen lassen und prozessrelevante Plasmaparameter bestimmen. Außerdem sollen die in C1 eingesetzten Diagnostiken zur Charakterisierung anderer Plasmen in anderen Teilprojekten (A3, C2) eingesetzt werden. C1 ermöglicht durch seine grundlegenden Untersuchungen unter quantitativer Berücksichtigung aller beim reaktiven Sputterprozess wichtigen Einzelschritte und seine sehr gute Vernetzung mit anderen Teilprojekten einen wesentlichen Beitrag im Hinblick auf das finale Ziel des SFBs, das bisherige in der Industrie vorherrschende, empirische Vorgehen durch ein fundiertes Prozessverständnis zu ersetzen, um die Abscheidung von Schichten mit definierten Eigenschaften zu ermöglichen. Unter den bestehenden Modellen Interaktionsmodell“,Mechanisches Modell“ ordnet sich C1 in das Modell Plasma-Oberflächen-Wechselwirkung“ (PSM) ein. 

C2: Zusammenführung von mikrosystemtechnischen Sensoren, Plasmadiagnostik und kombinatorischen Methoden zur Entwicklung erweiterter Strukturzonendiagramme 

Alfred Ludwig

Methoden der kombinatorischen Materialforschung werden genutzt, um erweiterte Strukturzonendiagramme für TM- Al-O-N (TM = Cr, V, Ti) Schichtsysteme zu entwickeln, die Korrelationen zwischen Plasma- und Schichteigenschaften zeigen. Die gezielte Beeinflussung von Plasmaeigenschaften durch Prozessparameter (Druck, Leistungsdichte, Frequenz, Target-Substrat-Abstand) führt zu unterschiedlichen Wachstumsmodi der aufwachsenden Materialschicht. Unterschiedliche Wachstumsbedingungen und deren Einfluss auf die Schichteigenschaften werden für TM-Al-O-N untersucht und in materialspezifischen, um Schichteigenschaften erweiterten, Strukturzonendiagrammen zusammengefasst. Mikrosystemtechnisch strukturierte Substrate und Sensoren werden weiterentwickelt, hergestellt und für die Schicht- und Prozesscharakterisierung genutzt, sowohl innerhalb C2 als auch im gesamten SFB-TR 87. Temperatur- und Spannungssensoren werden zu einem multifunktionalen Messchip integriert. Innerhalb des Projekts werden Spannungssensoren für die Messungen im Rahmen der Entwicklung der erweiterten Strukturzonendiagramme verwendet. Dazu werden die notwendigen Messungen und Auswertungen, sowie die Beratung und Unterstützung der Kooperationspartner durchgeführt. Eine Beschichtungsdatenbank wird entwickelt und verwendet, um alle Probendaten von C2 und Kooperationspartnern nachhaltig zu sichern. Die umfangreichen Datensätze der kombinatorischen Materialbibliotheken werden anderen Teilprojekten zugänglich gemacht und sollen durch Datenanalyseverfahren zu übergeordneten Erkenntnissen und Zusammenhängen von Plasma- und Schichteigenschaften führen. 

C3: Zeitaufgelöste Messung des Schichtwachstums in Hochleistungsplasmen mit variabler Teilchen- und Energieverteilung 

Achim von Keudell und Jan Benedikt

Die Schichteigenschaften bei der Deposition von dünnen Filmen im Nanometerbereich mittels gepulster Hochleistungsplasmen hängen sehr detailliert von der Zusammensetzung des Teilchenflusses, der Energieverteilung der einfallenden Spezies und der Substrattemperatur ab. Bei gepulsten Plasmen kommt noch eine ausgeprägte Zeitstruktur dazu, bei der während des Pulses wie in der Pulspause die Teilchenspezies sowie deren Energieverteilungen stark variieren können. Ein Extremfall stellen HiPIMS Plasmen dar. 
Die mechanischen Eigenschaften von aufwachsenden dünnen Schichten werden von der Zusammensetzung des Wachstumsflusses, den Energien der am Substrat ankommenden Spezies und der Oberflächentemperatur wesentlich beeinflusst. Ein detailliertes Verständnis der Wachstumsflüsse ist daher notwendig um die Plasmaeigenschaften mit den Dünnschichteigenschaften im Sinne eines wissensbasierten Ansatzes verbinden zu können. Die Untersuchung der Wachstumsflüsse stellt in HiPIMS eine Herausforderung dar. Durch den nichtstationären und nichtlinearen Charakter dieser Entladungen werden Diagnostiken mit hoher zeitlicher Auflösung benötigt. Während HiPIMS Plasmen zu Beginn Argon dominiert sind und sich der Wachstumsfluss hauptsächlich aus Atomen zusammensetzt, dominieren bei hohen Leistungen am Ende der Pulse Metallionen. Hierbei spielen Prozesse wie Verarmung des Arbeitsgases eine wesentliche Rolle. Bei der Verwendung von Reaktivgasen bestimmen die Teilchenflüsse von und zum bzw. die Reaktionskinetik in der Targetoberfläche ob es zur Targetvergiftung kommt oder nicht. Das wiederum bestimmt die Eigenschaften des Wachstumsflusses zum Substrat. 
In diesem Projekt soll die Aufwachsrate in einem HiPIMS-Plasma zeitaufgelöst vermessen werden. Dazu wurde gegen Ende der Phase 1 ein rotierendes Shuttersystem entwickelt mit dem Wachstumsraten mit einer Zeitauflösung von 25 μgemessen werden können. In Kombination mit einem XPS kann damit auch die Zusammensetzung des Flusses untersucht werden. Dabei wurden vorwiegend dcms- ähnliche Entladungen studiert. Bei dieser Methode wird ein rotierender Shutter mit der Plasmapulsung synchronisiert und die zeitliche Abfolge der auftreffenden Teilchen räumlich über einen Wafer verteilt. Dabei entsteht ein Beschichtungsprofil, das ex-situ vermessen werden kann. Aus der Dicke der Beschichtung und einer XPS-Analyse des deponierten Materials lässt sich die Zeitabhängigkeit des Wachstumsflusses und dessen Zusammensetzung ablesen. 
In der 2. Phase wurden nun HiPIMS Plasmen studiert und die Shuttermessungen mit einem Gittersystem (IReGS, siehe B2) vor dem Shutter kombiniert, mit dem es gelingt, den Ionenanteil während der Beschichtung zu separieren. Durch Messungen mit und ohne Gegenfeld kann somit das Verhältnis zwischen Ionen- und Atomflüssen berechnet werden. Diese Information ist vor alle interessant, weil sich höhere Ionenflüsse positiv auf die Schichteigenschaften auswirken und effektiv durch Substratbiasing beeinflusst werden können. 
Als weitere zentrale Diagnostik wurde ein Hiden EQP eingesetzt. In Kombination mit einem Transientenrekorder, der die Signale vom Secondary Electron Multichannelplate“ (SEM) direkt abgreift, wurden Zeitauflösungen von 100 ns er- reicht. Damit ergeben sich detaillierte Einblicke in Flüsse und Energien der am Substrat ankommenden Spezies während des Pulses und im Afterglow. Gesputterte Teilchen folgen einer Thompson Verteilung. Diese Atome können im dichten, magnetisch eingeschlossenen Plasmatorus ionisiert werden und werden dadurch suszeptibel für elektrische und magnetische Felder. Am Weg vom Target zum Substrat können diese Ionen verschiedensten Stoßprozessen wie Stößen mit dem Neutralgas, Ladungsaustauschstößen etc. unterliegen. Dadurch wird die Ausgangsenergieverteilung modifiziert. Die gemessenen Ionenenergieverteilungsfunktionen (IEDF) erlauben, mit Einschränkungen, auf die Prozesse rückzuschließen. Alle Messungen werden ergänzt durch zeit-, orts-, sowie durch phasenaufgelöste Emissionsspektroskopie. Daraus wird ein konsistentes Bild der Dynamik der Entladung und des Transports der Spezies vom Target zum Substrat entwickelt. Auf der Basis dieser Daten sollen folgende Fragen beantwortet werden: 
  • Was bestimmt den Transport der Spezies vom Target zum Substrat und schließlich deren Einbau? Wie lässt sich auf dieser Basis verstehen, dass die Wachstumsrate bei HiPIMS im Vergleich zu dcMS bei gleicher mittlerer Leistung in der Regel kleiner ist? 
  • Welches sind die wichtigen Transportzeitkonstanten als Benchmark für die Modellierung dieser Plasmen? Wie unterscheiden sich diese für unterschiedliche Targetmaterialien? 
  • Welcher Anteil des Wachstumsflusses findet während des Pulses und welcher im Afterglow statt? Was hat das für Folgen für den Energieeintrag während einer Beschichtung? 
  • Wie muss ein arbiträres Biasing der Substrate ausgelegt werden, um die zeitliche Abfolge der auftreffenden Teilchenflüsse optimal zu beeinflussen? 
Mit der Beantwortung dieser Fragen wird es möglich sein, HiPIMS Plasmen effizienter zu steuern, um die Beschichtungsrate und Schichteigenschaften gezielt einstellen zu können. Es besteht eine enge Verknüpfung zu den Projekten A5, C5, C6, C8 und B2. 

C4: Kinetische Simulationen technischer Plasmen im Frequenzbereich von DC bis MW

Denis Eremin 

In der Dünnfilmdepostion hängen die Eigenschaften plasmagestützter Abscheideprozesse entscheidend von den Flüssen sowie den Energie- und Winkelverteilungen der auf das Substrat auftreffenden Teilchen ab. Bei geringen Drücken (<10 Pa) können diese nur kinetisch beschrieben werden, während bei höheren Drücken auch auf fluiddynamische Modelle zurückgegriffen werden kann. In der zweiten Phase des Teilprojektes wurde ein neues implizites energieerhaltendes numerisches Particle-in-Cell (PIC) Verfahren für kinetische Simulationen der MFCCP (vollkommen elektromagnetisch in 2D zylindrischer Geometrie) und HPPMS Plasmen (elektrostatisch, in 2D und 3D zylindrischen Geometrien) entwickelt. Die Funktionsfähigkeit dieser innovativen Methode zur Modellierung der genannten Plasmen wurde anhand realistischer Beispiele demonstriert. Die entsprechenden Simulationen haben gezeigt, dass das elektromagnetische Verhalten der Plasma-Serien-Resonance Modein CCP-Entladungen mit großen Elektroden und die Anregung von Plasmainstabilitäten in magnetisierten dcMS- und HPPMS-Entladungen mit dem neuen Verfahren korrekt reproduziert werden. Die Hypothese, dass ein wesentlicher Teil der Elektronenheizung in der Plasmavorschicht von Magnetron-Entladungen stattfindet, wurde auch bestätigt mit Hilfe von selbstkonsistenten PIC Simulationen durchgeführt mit dem neuen Code. Sowohl die bislang in der Literatur beschriebenen Schemata, als auch der in der ersten Phase des SFB-TR 87 entwickelte PIC Code sind nicht in der Lage, solche Plasmen in annehmbarer Berechnungszeit zu simulieren, was hauptsächlich an algorithmischen Beschränkungen verbunden mit numerischer künstlicher Heizung des Plasmas liegt. Das neue Verfahren umgeht nicht nur diese Beschränkungen, sondern ist darüber hinaus auch in der Lage, inhomogene Gitter zur Beschreibung der Felder zu verwenden, was äußerst nützlich in technischen Plasmen ist, da diese inhärent Mehrskalen-Systeme sind. Beispielsweise ist es notwendig, die dünne Plasmarandschicht durch das gewählte Gitter ausreichend aufzulösen, um die Elektronenheizung adäquat beschreiben zu können, während im Plasmabulk eine gröbere Skalierung ausreichend ist. Darüber hinaus setzt das neue PIC Verfahren adaptive Zeitschritte ein, wodurch die Berechnungszeit numerischer Ergebnisse für eine festgesetzte Genauigkeit minimiert und die Effizienz des Verfahrens deutlich gesteigert wird. Aufgrund vom höheren Neutralgasdruck müssen MW-Plasmen nicht kinetisch simuliert werden. Die in der zweiten Phase von C4 durchgeführten Simulationen der MW-Plasmen mit dem neuen energieerhaltenden PIC Code und dem ausschließlich fluiddynamischen HPEM Code haben geholfen, die Plasmaline-Entladungen besser zu verstehen. Unter anderem wurden die Modi, die sich in solchen Entladungen ausbreiten, identifiziert, und die Energieverteilungsfunktion der auf das Substrat auftreffenden Ionen wurde berechnet. Die Entwicklung des neuen impliziten PIC Verfahrens in der zweiten Phase des Teilprojektes hat die präzendenzlose Möglichkeit eröffnet, alle in Rahmen des SFB-TR 87 vorkommenden Plasmaarten zu simulieren. In der dritten Phase werden sowohl auf diesem Schema basierende und massiv auf Grafikkarten (GPUs) parallelisierte PIC Codes, als auch auf fluiddynamischen Modellen aufbauende Verfahren genutzt, um zum Grundverständnis der physikalischen Prozesse in den experimentellen Plasma-Anlagen beizutragen und darüber hinaus die jeweiligen Plasmaprozesse besser zu kontrollieren und verschiedene Parameter zu optimieren. 

C5: Elektronendynamik magnetisierter Hochleistungsplasmen, speziell HPPMS 

Ralf Peter Brinkmann

Viele plasmagestützte Schichtabscheideverfahren, darunter auch High Power Pulsed Magnetron Sputtering (HPPMS), verwenden magnetisierte Hochleistungsplasmen bei niedrigem Druck. In diesem Regime sind fluiddynamische Modelle nicht gültig und müssen durch kinetische Modelle ersetzt werden. Der Stand der Technik wird durch selbstkonsistente Particle-in-Cell/ Monte Carlo Simulationen repräsentiert. Der Aufwand solcher Simulationen skaliert jedoch quadratisch mit der Plasmadichte; im HPPMS-Regime können sie nur für einfache Modellsysteme eingesetzt werden. 
C5 will einen alternativen, auch für realitätsnahe HPPMS-Plasmen auswertbaren kinetischen Algorithmus begründen. Dabei steht die Elektronenkomponente im Vordergrund; Ionen und Neutralteilchen sind Gegenstand von Teilprojekt C8. In der abgelaufenen Periode wurden zunächst wichtige Grundlagen erarbeitet. Zum einen wurde ein kinetisches Modell der Elektronendynamik aufgestellt und an ein Ratengleichungssystem für die Ionen und Neutralteilchen gekoppelt. Mit diesem globalen Modell konnte die Elektronenenergieverteilung im aktiven Bereich eines Hochleistungsmagnetrons für realistische Parameterbereiche untersucht werden. Sie stellte sich als betont bimodal heraus, einem kleinen Anteil energetischer Elektronen steht eine dominante thermische Komponente gegenüber. 
Für diese thermische Komponente wurde eine kinetische Theorie aufgestellt und mittels umfangreicher störungstheoretischer Rechnungen auf ein formal zweidimensionales, numerisch leicht zugängliches Gleichungssystem abgebildet. Parallel dazu wurde die Interaktion magnetisierter Elektronen mit einer statischen Plasmarandschicht untersucht und daraus adäquate Randbedingungen gewonnen. In der kommenden Förderperiode soll noch ein Monte Carlo-Modell für die energetischen Elektronen realisiert werden. Eine Kopplung der beiden Elektronenmodelle an das von C8 erstellte Schwerteilchenmodell wird erstmals eine effiziente und realitätsnahe Simulation des HPPMS-Prozesses ermöglichen. Damit sollen zum einen fundamentale Phänomene magnetisierter Plasmaprozesse (wie etwa der Cross-Field Transport, die Moden der Elektronenheizung, und das spontane Auftreten der sog. Spokes) aus ersten Prinzipien studiert werden, und zum zweiten eine prädiktive Simulation von für Beschichtungsprozesse maßgeblichen industriellen Anlagen auf deren Größenskalen und Zeitskalen durchgeführt werden. 
C5 beschäftigt sich außerdem mit der Plasmarandschichtheorie und mit der modellbasierten Plasmadiagnostik. 

C6: Auswirkungen von Plasmaeigenschaften auf Beschichtungseigenschaften in gepulsten Hochleistungsplasmen

Kirsten Bobzin und Tobias Brögelmann 

Das übergeordnete Ziel in C6 ist die Analyse der Plasmaeigenschaften zur Beschreibung der Ursache-Wirkung- Zusammenhänge auf die Schichteigenschaften in einer großskaligen Beschichtungsanlage CC800/9-Modell. Die Anlage wurde im SFB-TR 87 beschafft und ist ein Abbild der Industrieanlage CC800/9-HPPMS in A1. Sie verfügt aber über die entscheidenden Zugänge für die Diagnostik sowie eine in der zweiten Phase beschaffte Sauerstoffregelung zur Stabilisierung oxidischer Prozesse. Der Fokus von C6 liegt im Plasma-Oberflächenmodell auf der substratseitigen Diagnostik. Das Plasma-Oberflächenmodell verknüpft damit die Arbeiten der Projektbereiche C und A. C6 wird von A5 und C1 mit zeit- und ortsaufgelöster Diagnostik unterstützt und kooperiert eng mit A1, das die Ergebnisse von C6 zur Konkretisierung der Prozessfenster. Die anspruchsvolle Modellierung des Teilchentransports wurde im C6 in der 1. Phase begonnen und ab der zweiten Phase im neuen C8 fortgeführt. C6 konzentriert sich in der zweiten Phase auf die experimentellen Arbeiten zur Korrelation von Plasma- und Schichteigenschaften im System Cr-Al-O-N. Dabei wurde auch mit dem Aufbau erster künstlicher neuronaler Netze (KNN) begonnen. Die Plasmadiagnostik wurde weiterentwickelt, um den Bedingungen in produktionsrelevanten Prozessen in der CC800/9- Modell gerecht zu werden. Die Korrelation zu den Schichteigenschaften in C6 verknüpft das Plasma-Oberflächenmodell mit dem mechanischen Modell mit Unterstützung von A4 und C2. Über die Schichtchemie besteht die Verknüpfung mit dem Interaktionsmodell (A1, A2).  Wesentliche Verbesserungen der A1-Prozesse konnten z.B. durch kürzere Pulszeiten ton und höhere Frequenzen erreicht und in C6 erklärt werden. Wichtige Erkenntnisse in C6 zur Wechselwirkung zwischen dcMS und HPPMS unterstützten die Auslegung der Hybridprozesse in A1. Durch die Analyse der Plasmarandschichten in Abhängigkeit der Prozessparameter können die Veränderungen der Schichteigenschaften auf komplexen Geometrien jetzt besser verstanden und beeinflusst werden. Neben dcMS-, HPPMS- und Hybrid-Prozessen werden CAE-Prozesse als Referenz untersucht. 
Die geplanten Arbeiten in C6 in der dritten Phase orientieren sich an der Gesamtzielsetzung Validierung, Durchgängigkeit und Transfer“ und gliedern sich in drei Themenschwerpunkte: Das erste Thema konzentriert sich auf die Validierung der Methodik zur Prozessanalyse in C6, indem die vorliegenden Ergebnisse aus dem System Cr- Al-O-N auf Ti-Al-O-N und V-Al-O-N übertragen werden. Somit soll gezeigt werden, dass die Prozessentwicklung in A1 für eine vorgegebene Chemie (A2, A3) und Schichtarchitektur mit optimalen Druckeigenspannungen (A6) durch die Analyse der Plasmaeigenschaften in C6 gemeinsam mit C1 und A5 deutlich verkürzt werden kann. Damit wäre gleichzeitig auch die Durchgängigkeit der SFB-Treppe bewiesen. A5 validiert zeitgleich gemeinsam mit C6 die entwickelte Spoke-Kontrolle in der CC800/9-Modell. Die ermittelten Plasmaeigenschaften für das System Ti-Al-O-N dienen C8 als Eingangsdaten zur MD-Simulation. Weiterhin wird durch C6 erstmals die für die Schichtentwicklung relevante Inkorporation von Stickstoff in die Beschichtung mit Unterstützung der Diagnostik von C7 und Expertise zum Schichtwachstum von A3 analysiert. Es gilt zu klären, welche Spezies des Stickstoffs bei welchen Prozessparametern wo genau entsteht. Bisher ist erkennbar, dass vor allem N+-Ionen zu einem erhöhten N-Gehalt in der Schicht und damit höherer Dichte und somit auch höheren Festigkeiten führt. Entsprechend des übergeordneten Ziels Transfer“ der dritten Phase steht auch die Übertragung sowie Validierung der entwickelten Diagnostikmethoden hin zu einer produktionstauglichen Prozessdiagnostik im Fokus. Diese erfordert die Verwendung der Diagnostiken bei höherer Biasspannung zur genaueren Ermittlung geeigneter Prozessparameter für eine homogenere Synthese auf komplexen Geometrien. In diesem Zusammenhang wird vor dem Hintergrund Industrie 4.0“ auch eine diagnostikbasierte Prozesssteuerung entwickelt, bei deren Umsetzung C6 von C1 mit elektrotechnischer Expertise sowie Diagnostik mittels Multipolsonde unterstützt wird. Als zweites Thema wird in C6 für A1 zur Vervollständigung der Durchgängigkeit erstmals auch die Reinigungswirkung des Plasmaätzens zur Haftungssteigerung diagnostisch untersucht. Für Stahlsubstrate wird die Qualität und Effektivität der Plasmareinigung, z.B. mittels HPPMS-Metallionenätzen, sowohl in der CC800/9-Modell mit Unterstützung von A5, als auch in einem Analogieversuch in C7 analysiert. Für Kunststoffsubstrate wird auch das Sauerstoffätzen (mit energetischen Ionen) betrachtet. Mit Unterstützung von C1 und A1 liegt der Forschungsschwerpunkt auf der Korrelation von Plasmakennwerten und der Substrattemperatur. Ziel ist eine bestmögliche Plasmareinigung nahe den maximal erlaubten Temperaturen (Tmax ≃ 100C für Kunststoffe, Tmax ≃ 500C für Werkzeugstahl) zu ermöglichen. Die Ergebnisse für Stahl- und Kunststoffsubstrate werden mit der durch A1 bzw. B1 ermittelten Haftfestigkeit zwischen Substrat und Beschichtung korreliert, um Empfehlungen für die Prozessführung in A1 und A3 zu geben. Im dritten Thema werden iterativ künstliche neuronale Netzwerke (KNN) aufgebaut und validiert. Der Zusammenhang Prozessparameter und Plasmaeigenschaften liefert Ergebnisse für das Plasma-Oberflächenmodell. Für Prozessparameter von A1 wird ein KNN anhand von Resultaten aus Plasmaanalysen von C6, C1 und A5 trainiert, das auch für die Verbesserung der diagnostikbasierten Prozesssteuerung verwendet wird. Es erfolgt ein Abgleich der vom KNN ausgegebenen Verknüpfungen mit den Simulationen von C8. Für den Zusammenhang Plasma- und Schichteigenschaften besteht eine Vernetzung mit dem mechanischen Modell. Das Training erfolgt anhand der Plasmaanalysen sowie korrelierender Schichteigenschaften wie Chemie (A1, A2, C6), Morphologie (A1, C6), EIT-Modul (A1, A3, C6), Dichte (C2), Eigenspannungen (C2), Bruchzähigkeit (A7) sowie Schichtdicke, -rauheit und Abscheiderate aus A1 und C6. Im Zusammenhang Schicht- und Systemeigenschaften werden experimentelle Eingangsdaten von A1 und A2 aus dem Interaktionsmodell zur Wechselwirkung zwischen Schicht und Kunststoffschmelze wie Korrosion und Adhäsion genutzt. Insgesamt leistet C6 mittels des iterativen Trainings von KNN einen zentralen Beitrag zum übergeordneten Ziel des SFB-TR 87, der Überwindung der empirischen Vorgehensweise bei der Schichtentwicklung mittels Hochleistungsplasmen. 

C7: Oberflächenprozesse bei der Wechselwirkung von Hochleistungsplasmen mit HPPMS-Targetoberflächen und Kunststoffen 

Achim von Keudell

In der ersten und zweiten Förderperiode wurde die Implantation von reaktiven Spezies sowie die ionen-induzierte Sekundärelektronenemission von Edelgasionen an Targets, wie sie in HPPMS-Plasmen verwendet werden, untersucht. Bei der Analyse der Targetprozesse mittels der in-vacuo XPS Anlage wurde in der zweiten Phase die Oberflächenzusammensetzung und die Oberflächenchemie von reinen Metalltargets sowie von Metalltargets mit Markern eines anderen Metalls (zum Beispiel Al-Marker in einem Cr Target) analysiert. Dabei konnten die Transportmechanismen von Metallen auf dem Target aufgeklärt werden. Weiterhin erlaubt die Methodik die Dynamik der Targetvergiftung bei der Reaktion mit Sauerstoff und Stickstoff lateral aufgelöst zu vermessen. 

Zudem wurde die Plasmavorbehandlung von polymeren Werkstoffen, wie sie vor deren Beschichtung mit einer Permeationsbarriere durchgeführt wird, untersucht. In der dritten Förderperiode umfasst C7 weiterhin zwei Teilaspekte: (1) in Teilchenstrahlexperimenten werden die Oberflächenprozesse von energetischen Metallionen untersucht, wie sie für HPPMS Prozesse am Target als auch am Substrat wichtig sind. Dies sind die Sekundärelektronenproduktion, das reaktive Zerstäuben auf dem Target sowie die Schichtbildung auf dem Substrat. Mittels des Teilchenstrahlexperimentes werden auch Elementarprozesse bei der Plasmavorbehandlung von Kunststoffen sowie die Wechselwirkung von Ionen und UV Photonen mit Barrieren und Membranen auf Kunststoffen evaluiert; (2) komplementär zu dem Teilchenstrahlexperiment, wurde in der zweiten Förderphase eine in-vacuo Kopplung einer XPS-Anlage und eines HPPMS-Plasmas aufgebaut, mit der der laterale Transport von Metallatomen auf HPPMS Targets untersucht wurde. Diese Experimente zur Quantifizierung der Oberflächenprozesse auf HPPMS Targets werden fortgeführt und liefern einen Benchmark für das Plasma-Oberflächenmodell. Des Weiteren wird die HPPMS-Kammer um einen Substrathalter ergänzt welcher die in-vacuo XPS-Analyse von Substraten nach einer Plasmavorbehandlung oder nach einer HPPMS Beschichtung ermöglicht.

C8: Schwerteilchenprozesse in Hochleistungsplasmen 

Jan Trieschmann und Thomas Mussenbrock
Es konnte gezeigt werden, dass der Schwerteilchentransport in Hochleistungsplasmen zur physikalischen Gasphasenabscheidung von kinetischer Natur ist und nicht durch fluiddynamische Modelle beschrieben werden kann. Dies gilt insbesondere für die im Fokus des Transregios stehenden HiPIMS-Entladungen. In der zweiten Förderperiode stand die konsistente Berechnung der ortsabhängigen Geschwindigkeitsverteilungsfunktionen und somit des Transports der am Zerstäubungs-/Beschichtungsprozess beteiligten Schwerteilchen sowie deren Energie- und Flussverteilungsfunktionen an den Oberflächen im Vordergrund. Basierend auf den entwickelten Methoden und Ergebnissen soll in der dritten Förderperiode das formulierte Plasma-Oberflächenmodell am Beispiel des Materialsystems Ti-Al-O-N implementiert und charakterisiert werden. Dabei werden zwei komplementäre Aspekte verfolgt: i) Das entwickelte kinetische Schwerteilchenmodell wird um diejenigen elektroneninduzierten chemischen Gasphasenprozesse erweitert, welche für reaktive Abscheideprozesse relevant sind. ii) Es wird ein molekulardynamisches Simulationsmodell entwickelt, das die berechneten Schwerteilchenverteilungsfunktionen als Eingabedaten nutzt, um konsistent die Wechselwirkung zwischen Plasma und Festkörper sowohl auf der Target- als auch auf der Substratseite zu untersuchen. Ziel ist es ferner, die molekulardynamisch vorhergesagten Oberflächenprozesse transient an das kinetische Schwerteilchenmodell der Gasphase zu koppeln. Die Berücksichtigung dieser Wechselwirkung realisiert eine konsistente Rückkopplung zwischen Oberfläche und Plasma, was schließlich eine Vorhersage zur Korrelation zwischen Oberflächenphänomenen (z.B. Oberflächendiffusion, Nukleation) und Plasmaeigenschaften (z.B. chemische Zusammensetzung, elektrische Potentialverteilung) ermöglicht. Aufbauend auf der bisherigen experimentellen Validierung des entwickelten Schwerteilchenmodells am Beispiel von MFCCP und dcMS werden die Simulationen auch weiterhin fortlaufend dem Stand der experimentellen Beobachtungen angepasst und zu deren Interpretation herangezogen.